Ihre Frage betrifft zwei moralisch relevante Bereiche und in solchen Fällen empfiehlt es sich, diese zunächst einzeln zu betrachten.Als Erstes die Legebatterien. Sie nehmen Anteil an den Lebensbedingungen von Hühnern, welche nicht artgerecht gehalten werden, und versuchen dies mit einer dras-tischen Bezeichnung zu verdeutlichen. Vermutlich hoffen Sie, damit langfristig zu einer Verbesserung beizutragen. Das ist natürlich positiv zu sehen, da der Tierschutz ein ethisches Anliegen darstellt.Verletzt nun Ihr verbaler Vergleich die Opfer des Holocaust? Man wird wohl nicht umhinkönnen, das in gewissem Sinne zu bejahen, und zwar gemäß der Unterscheidung zwischen Zweck und Mittel. Immanuel Kant hat dies im Bezug auf den Menschen als vernünftiges Wesen in der Zweck-an-sich-Formel seines Kategorischen Imperativs aus-gedrückt: »Handle so, dass du die Mensch-heit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.« Nun gebrauchen Sie zwar keineswegs die Umgekommenen selbst, wohl aber das Wissen um deren Leid, verbunden mit dem Begriff »KZ«, als Mittel zum Zwecke des Tierschutzes. Damit instrumentalisieren Sie die Opfer des Nationalsozialismus zumindest indirekt, weil es bei der Benennung eben nicht um sie selbst geht, sondern ihr Schicksal für einen anderen Zweck herangezogen wird.Damit bleibt die abschließende Frage: Wiegt Ihr berechtigtes Anliegen diese nur verbale und indirekte Verletzung auf? Ich will mich hier nicht zum Sprachwächter aufschwingen, dennoch finde ich: nein. Zum einen verbietet sich beim Grauen des Holocaust die Abwägung mit anderen Werten, zum anderen besteht mit jeder Verwendung dieser Begriffe im Alltag die Gefahr der Gewöhnung und damit im nächsten Schritt die der Verharmlosung. Die jedoch muss unbedingt vermieden werden.
Die Gewissensfrage
»In einem Gespräch verwendete ich kürzlich den Begriff »KZ-Hühner«, um das Einsperren von Hühnern auf engstem Raume in Legebatterien anzuprangern. Mein Freund, der die nicht artgerechte Tierhaltung ebenfalls ablehnt, war entrüstet: Der Vergleich werde dem einzigartigen Schrecken des Holocaust nicht gerecht und ver-letze die Würde der darin Umgekommenen. Darf ich solch provokativ gemeinte Vergleiche benutzen, um auf ein aktuelles Übel hinzuweisen, oder besteht zu Recht ein Tabu?« ELLEN K., DÜSSELDORF