Erfreulicherweise machen Sie sich Gedanken um die Richtigkeit Ihres eigenen Verhaltens und nicht um das der anderen Beteiligten; doch wie so oft hängt alles zusammen und man muss es Schritt für Schritt betrachten.
Zunächst der Lehrer: Höchstwahrscheinlich gibt es eine Bestimmung, wie lange vorher Klassenarbeiten angekündigt werden müssen, doch ob dem so ist, halte ich hier für nebensächlich: Schulordnung hin oder her, so geht man einfach nicht mit Menschen um – auch Schüler sind Menschen! Zudem stellt der Lehrer seine eigene Arbeit in Frage, wenn er meint, dass der Stoff eines halben Jahres in jener Zeit gelernt werden kann, die von zwei normalen Schultagen (mit Nachmittagsunterricht?) übrig bleibt.
Haben die Schüler dagegen eine Art »Notwehrrecht«? Ich bin geneigt, das zu bejahen, und würde es schon fast begrüßen, wenn die Klasse beim nächsten derartigen Fall ein Fanal setzte und kollektiv der Prüfung fernbliebe. Das hieße mit offenen Karten spielen und wäre ganz etwas anderes, als wenn Einzelne schwänzen, um individuell eine bessere Note zu erreichen.
Damit wären wir bei Ihrem Verhalten. Was wollen Sie Ihrem Sohn ermöglichen oder zeigen? Dass er am weitesten kommt, wenn er sich nach außen hin einfügt und hintenrum seinen eigenen Vorteil maximiert? Dienstweggerechtes Vorgehen über die Elternklassenvertretung ist löblich, aber falls das nicht klappt, kann man zum Hörer greifen und den Lehrer oder notfalls den Direktor anrufen. Wenn das nötig wird, weil 16-Jährige sich nicht wehren, scheint mir ohnehin etwas im Argen zu liegen.
Auch innerhalb von Machtstrukturen aufrecht zu bleiben verdient eine Eins, mehr als alle Geografiekenntnisse dieser Erde.
Haben Sie auch eine Gewissensfrage? Dann schreiben Sie an Dr. Dr. Rainer Erlinger: gewissensfrage@sz-magazin.de.
Die Gewissensfrage zum Anhören:
Wenn Sie hier klicken, können Sie den Gewissensfragen-Podcast mit iTunes abonnieren.
Hierkönnen Sie die Gewissensfrage anhören.