Hier heißt es aufpassen. Der Umgang mit Flaggen und sonstigen Hoheitszeichen ist im Strafgesetzbuch geregelt – mit kurios anmutenden Folgen: Wenn Sie mit der alten Fahne zu Hause Ihr Klo putzen, dürfte das straffrei bleiben, wenn Sie auf der Straße Ihr Auto damit waschen, können Sie drei Jahre hinter Gitter wandern. Das könnte man Ihnen nämlich als »Verunglimpfung« auslegen, und die ist nach Paragraf 90a dann strafbar, wenn sie öffentlich geschieht. Geschützt werden soll durch die Vorschrift nicht die Flagge selbst oder die »Staatsehre«, sondern das Staatsgefühl der Bürger, welches, wenn überhaupt, nur durch etwas tangiert wird, was außerhalb der Privatsphäre stattfindet.In den USA fällte der Oberste Gerichtshof das umstrittene Urteil, dass das öffentliche Verbrennen des Sternenbanners als Zeichen der Missachtung, weil von der Meinungsfreiheit gedeckt, nicht strafbar sein kann. Versuche, ein entsprechendes Verbot in der US-Verfassung zu verankern, scheiterten an fehlenden Mehrheiten. Andererseits gibt es in den USA – anders als hierzulande – eine gesetzliche Regelung für Ihre Frage. Gemäß Paragraf 176 des United States Flag Code soll eine Flagge, die nicht mehr in einem vorzeigbaren Zustand ist, auf würdige Weise vernichtet werden, vorzugsweise ausgerechnet durch Einäscherung.Was bedeutet das alles konkret? Vielleicht bin ich kein glühender Patriot, aber ich sehe das kühl: Eine Flagge ist nichts weiter als ein Stück bunter Stoff. Gehisst oder sonst in spezifischer Weise verwendet, symbolisiert das Tuch die Verbundenheit zu einem Land. Heruntergeholt vom Fahnenmast, hat es diese Funktion nicht mehr und ist wieder das einfache Stück bunter Stoff. Und mit dem kann man, moralisch gesehen, machen, was man will – solange man nichts tut, was die Wertschätzungen oder Gefühle anderer verletzt.Haben Sie auch eine Gewissensfrage? Dann schreiben Sie an Dr. Dr. Rainer Erlinger, SZ-Magazin, Rindermarkt 5, 80331 München oder an gewissensfrage@sz-magazin.de.
Die Gewissensfrage
»Zur Fußball-Weltmeisterschaft hatten wir uns eine deutsche Flagge angeschafft. Sie hing am Fahnenmast, flatterte aus der Heckscheibe unseres Autos, diente als Regenschutz beim Public Viewing, aber auch als Rock oder Kopftuch. Nun schaut die Flagge aus wie die lädierten Beine von Michael Ballack nach dem Turnier. Für den Fahnenmast ist sie nicht mehr zu gebrauchen. Was – auch moralisch gesehen – sollen wir mit dem Tuch anfangen? In die Stoffverwertung oder den Restmüll geben? Darf die Fahne vielleicht als Putzlappen dienen?« CARSTEN A., FULDA