Damit sich die Geschichte nicht wiederholt

Ein langfristig beauftragter Handwerker trägt eine Mütze, die als Erkennungszeichen unter Rechtsradikalen gilt. Darauf angesprochen, sagt er nur, das sei nicht verboten. Was kann man dagegen tun?

»In unserem Mietshaus wird der Dachboden saniert. Einer der Handwerker trägt eine Mütze der Marke Thor Steinar. Die Marke wird von Rechtsradikalen getragen, gilt als Erkennungszeichen untereinander und soll Gegner einschüchtern. An­gesprochen auf die Mütze, antwortete der Handwerker, dies sei seine persönliche Angelegenheit und nicht verboten. Ich möchte nicht, dass Handwerker mit antidemokratischen und fremdenfeindlichen Symbolen offen in unserem Haus auf­treten. Sollte man sich beim Handwerksbetrieb erkundigen, ob die Firma es duldet, dass ihre Mitarbeiter solche Kleidungsstücke bei der Arbeit tragen? Die Hausverwaltung fragen, ob sie wissen, wen sie ihren Mieterinnen und Mietern ins Haus schicken? Oder sollte man tolerant gegenüber Nicht-­Toleranten sein?« Anonym, per Mail

Der Mann ist im Recht. Das Tragen von Kleidung der Marke Thor Steinar ist zwar hierzulande tatsächlich an einigen Orten verboten – darunter im Bundestag, in den Landtagen von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sowie in zahlreichen Fußballstadien, es ist außerdem der Handel mit Produkten dieser Marke auf Amazon und Ebay untersagt –, aber in Mehr­parteien-Mietshäusern ist es eben nicht verboten und somit erlaubt. Interessant, dass der Mann Ihnen gegenüber sogar zugegeben hat, seine Mütze nicht versehentlich zu tragen, weil er sie etwa zufällig aus irgendeiner Altkleidersammlung gefischt hat, sondern im vollen Bewusstsein ihrer ideologischen Konnotation. Interessant und sehr unangenehm. Aber es ist tatsächlich seine persönliche Angelegenheit, was für eine politische Gesinnung er hat und ob er diese öffentlich zur Schau stellen will oder nicht. Genau wie es Ihre persönliche Angelegenheit ist, diesen Menschen nicht in Ihrem Haus ein- und ausgehen haben zu wollen.
Ich möchte Ihnen aber auch sagen, dass ich es total großartig finde, dass Sie den Mann auf seine Mütze angesprochen haben. Ich kann Sie nur darin bestärken, alles, was Sie als Möglichkeit aufzählen, auch zu tun. Es ist zu hoffen, dass sein Betrieb nicht hinnehmbar findet, dass ein Mitarbeiter eine solch menschenverachtende Gesinnung zur Schau trägt. Und dass Ihre Hausverwaltung ansonsten die Zusammenarbeit mit dieser Firma beendet. In der deutschen Geschichte hat man ja gesehen, zu was es führen kann, wenn die große Mehrheit schweigt und denkt, das ginge sie alles nichts an. Und in so vielen Ländern sehen wir gerade, wie fragil das System Demokratie ist. Wie schnell das alles kippen kann – und zwar nicht, weil die Mehrheit der Bürger überzeugte Antidemokraten oder sogar ­Faschisten sind, sondern weil sie wegsehen, träge oder feige sind oder innerlich auf ­Instagram.