Jute statt Plastik?

    Naturmaterialien weisen nicht unbedingt eine bessere Ökobilanz auf als synthetische Materialien. Die Stoffvielfalt moderner Produkte, die durch die Globalisierung verlängerten Transportwege und Arbeitsbedingungen der Hersteller lassen kein schnelles Urteil zu. Beispielsweise kann Baumwolle zwar ohne Verwendung von Pestiziden angebaut werden, in der Weiterverarbeitung, zum Beispiel bei der Färbung, jedoch mit ökologisch bedenklichen Mitteln behandelt sein. Selbst wenn ein T-Shirt eines der zahlreichen Öko-Etiketten trägt, kann die biologisch angebaute Baumwolle, aus der es hergestellt wurde, schon einmal um die halbe Welt geflogen sein – umweltfreundlich ist das nicht. Bei Lebensmitteln gibt es strenge Vorschriften, aber bei Kleidung sind Bezeichnungen wie »Natur«, »Bio« oder »Öko« noch nicht geschützt. Nicht alles, was ein Bio-Label trägt, wurde umweltfreundlich und unter sozialverträglichen Bedingungen hergestellt. Obwohl die Nachfrage vonseiten der Verbraucher wächst und auch die großen Modeunternehmen wie zum Beispiel H&M mit Eco-Kollektionen werben, ist der »Öko-Schein« immer schwerer vom wirklichen »Öko-Sein« zu unterscheiden. Was die meisten Verbraucher einfach noch nicht wissen: Mittlerweile existieren synthetisch hergestellte Fasern, die zu 100 Prozent aus jährlich nachwachsenden Rohstoffen (Mais, Reis, Stärke etc.) bestehen, wie z.B. die Ingeo-Faser, die auch Versace schon verwendet hat. Sie verbinden Funktionseigenschaften der Chemiefaser mit den Vorteilen eines Naturmaterials. Anne Farken ist Expertin für Nachhaltigkeit beim Institut »Material ConneXion« in Köln.