In der Zeitung: ein Foto des neunköpfigen Trainerteams, mit dem Carlo Ancelotti in der neuen Bundesliga-Saison sein Amt beim FC Bayern versieht. Das Erstaunliche: Mehr als die Hälfte der Männer sind einander verwandtschaftlich verbunden. Einer der drei Assistenztrainer ist zum Beispiel Davide Ancelotti, Sohn Carlos aus erster Ehe. Der Ernährungsberater heißt Mino Fulco und ist mit der Tochter Ancelottis verheiratet, es handelt sich also um dessen Schwiegersohn. Der erste Fitnesstrainer hört ebenso auf den Nachnamen Mauri (Vorname: Giovanni) wie der zweite Fitnesstrainer (Francesco), was kein Zufall ist, er ist dessen Vater. Würde Carlo Ancelotti (57) den Assistenztrainer Hermann Gerland (62) heiraten und wäre Uli Hoeneß Trauzeuge und adoptierten alle zusammen den dritten Assistenztrainer sowie den Torwartcoach und übernähme Karl-Heinz Rummenigge dann das Amt eines Patenonkels des Gesundheitsexperten in Ancelottis Team, würde der FC Bayern von einer Patchwork-Familie regiert.
Nett, oder?
Wäre es nicht überhaupt ein guter Gedanke, man würde den Spitzenfußball so reformieren, dass nur Familienmannschaften spielen dürften, besetzt mit Söhnen, Schwiegersöhnen, Schwägern, Enkeln, Brüdern, trainiert von Großvätern, Vätern, Onkels? Familie Ancelotti gegen die Guardiolas, die Zidane-Sippe gegen Klopps Söhne, Neffen und Cousins. Gerade ist Paul Pogba für 105 Millionen von Juventus Turin zu Manchester United gewechselt, dieser Irrsinn hätte dann ein Ende, es sei denn, Pogba stellte sich als illegitimer Sohn des United-Trainers Mourinho heraus. Dann wäre die Sache kostenlos.
In England gibt es jetzt eine Fußball-Liga, in der Tore nur eines von zwei Kriterien für den Sieg sind, das andere lautet: Gewichtsverlust. Man v Fat Football heißt das, Mann gegen Fett Fußball. Man hat festgestellt: Dies ist das ideale Abnehm-Programm für Männer, sie fühlen sich wohler als bei den Weight Watchers und sind motivierter, weil sie nicht nur für sich abnehmen, sondern für die Mannschaft, die sie dabei ihrerseits anspornt. Der Spitzenmann, ein Tischler namens Farnsworth, verlor mehr als dreißig Kilogramm in einer Saison, das gab unfassbar viele Extra-Punkte. Die Liga konnte sich vor Anfragen kaum retten, tausend Mann bewarben sich für achtzig Plätze! Männer tun für Fußball alles, sogar abnehmen.
Wobei mir die Idee nicht ausgereift zu sein scheint. Denn: Um eine Chance in der neuen Saison zu haben, sollte ja eine Mannschaft an deren Beginn möglichst viel auf die Waage bringen. Also müssten die Kicker, die am Ende den Meistertitel mit dem mühevoll erkämpften Verlust von Kilos und Aberkilos erreicht hätten, im Urlaub wieder futtern wie Scheunendrescher, um ihre Ausgangsposition für die nächste Spielzeit zu verbessern. So was nennt man in Fachkreisen Jo-Jo-Effekt. Es ist unerwünscht.
Aber wenn es um die Reform des Fußballs geht, müssen wir mutig sein. Das elende, den Einzelnen im Scheitern demütigende Elfmeterschießen zu ersetzen durch ein Mannschaftswiegen, wäre eine Möglichkeit. Es würde den Teamspirit fördern, denn gewonnen hätte im Fall eines Unentschiedens die Elf mit dem besseren Body-Mass-Index. Wobei ich es faszinierend fände, könnte man die Zuschauer aus ihrer Passivität holen und den Sieger eines unentschiedenen Spiels am Ende nicht durch das Wiegen der Kicker herausfinden. Sondern durch Gewichtsmessung der Fans, die ein starkes Motiv hätten, sich nicht mit Bier und Würsten zu mästen, sondern durch Schlankheit »der Mannschaft zu helfen«.
Interessant wäre es, würden die Regeln von Man v Fat Football auf die Bundesliga übertragen. Zweifellos wären die Spieler des FC Bayern in ihrem übermenschlichen Siegeswillen am Saisonende so leicht, dass sie wie Luftballons über dem Rasen schwebten und Signor Ancelotti weitere Verwandte einstellen müsste, um die Männer an ihren zierlichen Füßen zu fassen und sie sanft auf den Boden zurückzuholen.
Illustration: Dirk Schmidt