In allen Kulturkreisen haben Opfertiere ein eher kurzes, aber gutes Leben, sonst verlöre das Opfer seine Großzügigkeit und damit seinen Sinn. Daraus ergibt sich eine klare Zuchtanleitung: Gänse sollen auf der Weide schnattern, nach Lust und Laune Hafer fressen und sich abends in einem geräumigen Stall ausruhen. Die Kosten dafür trägt freudig der, der später die Gans opfert. In der Sprache der Behörden heißt diese Zuchtform »bäuerliche Freilandhaltung« oder »ökologische Geflügelproduktion« – unter anderem kommen dann 80 Prozent des Futtergetreides vom Hof des Gänsezüchters. Bezugsquellen finden sich unter verbraucherzentrale-bayern.de.
»Auslaufhaltung« und »bäuerliche Auslaufhaltung« sind Zwischenformen der Geflügelmast. »Extensive Bodenhaltung« klingt fortschrittlich, bedeutet aber industrialisierte Proteinproduktion mit vielen Medikamenten und sehr beengten Verhältnissen für die Tiere. Steht nichts über die Haltung auf dem Etikett, dann kommt die Gans aus extensiver Bodenhaltung. Ich sprach mit einem Landwirt, der viele Spitzenrestaurants mit seinen Gänsen beliefert. Er möchte nicht genannt werden, denn nach dem letzten Artikel über seine Gänse lag ein Teil der Herde tot im Stall. Es war wohl die Tat neidischer Nachbarn, selbst gefangen in einem Teufelskreis aus Investitionen in Mastanlagen, Schulden und Abhängigkeit von staatlicher Zuwendung. Der Gänsezüchter meinte, Aufklärung sei sinnlos in Zeiten des Preisschildes. Ich denke, er hat unrecht – auch weil das gut gepflegte Opfertier einfach am besten schmeckt. Die Grundregeln der Zubereitung sind einfach: Die Haut der Gans überall einstechen. Große Fettstücke aus der Bauchhöhle herausnehmen, Gans kräftig würzen. Backofen auf 175 Grad Umluft vorheizen. Die Fettpfanne des Backofens mit 500 ml Wasser auf der untersten Schiene mit erhitzen. Gans mit Brust nach unten in die Fettpfanne legen, etwas hin und her bewegen, damit die Haut nicht festklebt, 45 Minuten dämpfen. Falls das Wasser vorher verdunstet ist, noch etwas Flüssigkeit zugeben. Danach beginnt der eigentliche Bratvorgang: 1 Stunde auf der Brustseite liegen lassen, wenden, überschüssiges Fett abschöpfen und in 1–1,5 Stunden fertig braten. Oft mit Bratfett begießen, ab und zu bewegen. Die Gans ist gar, wenn beim Einstechen der Keulen klarer Saft herausläuft und das Fleisch sich dabei weich anfühlt.
PETERSILIENFÜLLUNG FÜR DIE MARTINSGANS
Für die Füllung 300 g mehlige Kartoffeln, 500 g Petersilienwurzel und 3 Knoblauchzehen schälen und in dünne Scheiben schneiden, mit 4 EL Wasser zugedeckt 10 Minuten dünsten. 3 Bund gehackte Petersilie, 1 TL gehackten Fenchelsamen und 1 TL geriebene Zitronenschale zugeben, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Gans füllen und mit Zahnstochern verschließen oder zunähen. Für die Sauce entweder beim Wenden Gänseflügel, Gänsehals und 500 g geachtelte Zwiebeln zur Gans geben und 30 Minuten vor Schluss mit Wasser ablöschen oder eine separate Sauce dazu servieren, z.B. das Apfelchutney aus Heft 39/2005 oder eine Preiselbeersauce.
Schulpiraten kochen ohne Rezept
Mehr Freiheit in der Küche - das ist das Motto von Hans Gerlach. Er liest am Samstag, den 11. November 2006 um 20 Uhr aus seinem Buch »Kochen fast ohne Rezept«. Organisiert wird die Lesung als Spendenaktion vom Haderer Verein »Schulpiraten«. Ort der Lesung ist das Münchner Café Kubitschek in der Waldfriedhofstraße 105.
Reservierung unter lesung@food-und-text.de oder telefonisch: 089.535882. Der Unkostenbeitrag für die Lesung mit einem kleinen Imbiss beträgt 10 Euro. Alle Einnahmen erhält ohne Abzüge der Verein »Schulpiraten«.