Gel: gut, gell?

Wer Marathons wagt, kann unterwegs eine Stärkung brauchen. Nur fest sollte sie nicht sein. Flüssig? Auch nicht gut. Aber Pampe: Die läuft rein.

Sie suchten eine dritte Form der Nahrung, nicht fest, nicht flüssig. Feste Nahrung lag den Läufern wie ein Anker im Magen, flüssige lieferte zu wenige Kohlehydrate. Also entwickelten ein Arzt und ein Athlet aus Südafrika Mitte der Achtzigerjahre eine sämige Pampe, die selbst in vollem Lauf geschluckt werden kann. Südafrikas »Comrades Marathon« ist ein Rennen an die neunzig Kilometer; bei den Läufern dieses ältesten Ultramarathons der Welt wurde das erste Energie-Gel ein Erfolg.

Bei Anstrengung funktioniert der Körper wie eine Maschine, die zwischen zwei Arten von Treibstoff wählt: Kohlehydrate und Fette. Unter Belastung verbrennt der Körper vor allem Kohlehydrate, weil sie leichter in Energie zu verwandeln sind. Während eines Marathons verbraucht ein Läufer rund 3000 Kalorien; in Kohlehydraten hat der Körper um die 1500 Kalorien gespeichert. Gehen sie zur Neige, greift er seine Fettreserven an – eine Art der Verbrennung, die viel Sauerstoff verbraucht. Daher fühlt der Läufer sich müde, sobald alle Kohlehydrate aufgebraucht sind, etwa ab Kilometer 30. Training hilft, dieses Tief zu überwinden. Zähigkeit auch. Was aber, wenn nach dreißig Kilometern sechzig weitere folgen, wie in Südafrika?

Die Idee hinter Energienahrung ist, den Körper während der Belastung mit Kohlehydraten zu füttern – ein Kunststück, das umso schwieriger wird, je länger die Anstrengung währt: Im Dauerlauf vernachlässigt der Körper Funktionen wie die Verdauung, diesen Mechanismus gilt es zu überlisten – daher das Gel.

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Inzwischen bieten Dutzende Firmen diese Art des Energieschubs an, die Auswahl an sogenannten Ultra-Multimax-Bodyfit-Powercarbo-Gels reicht von koffeinierter Kirsche bis zu Passionsfrucht, mit Guarana gesättigt, das Beutelchen zu knapp zwei Euro. Das ist viel Geld dafür, dass die meisten Gels aus Mixturen mehrerer Zuckerarten bestehen. Und sie wirken auch nur begrenzt: Mehr als 300 Kalorien pro Stunde kann der Magen nicht aufnehmen. Wie nützlich sind Energie-Gels also?

»In einer extremen Ausdauerbelastung, die über Stunden geht, kann ein Energie-Gel sinnvoll sein«, sagt Hans Braun, der an der Kölner Sporthochschule das Zusammenspiel von Ernährung und körperlicher Leistungsfähigkeit erforscht. Aber ein Jogger, der durch den Stadtpark laufe, brauche kein Gel. »Eine Stunde Belastung ist körperlich kein Problem«, sagt Braun. »Das glaubt zwar heute keiner mehr, aber: Genau dafür sind wir Menschen geschaffen.«

Illustration: Damien Florébert Cuypers