Wenn sich ein Paar nach mehr als vierzig Jahren Ehe trennt – beide gut situiert, die Kinder längst erwachsen – müsste man eigentlich nicht traurig sein. Selbst wenn sie schon 73 und er bereits 68 Jahre alt ist. Der späte Neubeginn passt doch zum Zeitgeist: bloß nicht alt werden, alle Freiheiten haben, keine lebenslangen Verpflichtungen. Und doch überwiegt hier das Bedauern: Thea und Thomas Gottschalk galten als eine der wenigen dauerhaft glücklichen Promi-Ehen. Jetzt hat es die auch noch erwischt.
Thomas Gottschalk war für viele Deutsche ein Kindheitsheld, seine Brokatanzüge ein Fixpunkte zahlloser Samstagabende. Thea, exzentrisch und lässig wie ihr Mann, gehörte immer schon dazu. Er stets fröhlich am Mikrofon, sie souverän im Hintergrund. Ein Paar, das kein Fernsehzuschauer auch nur ansatzweise von innen kannte, aber alle irgendwie mochten. Die Ehe der Gottschalks war – mal mit der Metaphernfreude der Klatschzeitschriften ausgedrückt – ein Leuchtturm der Liebe inmitten des scheidungsfreudigen Hollywoods. Es gibt nicht viele berühmte Paare, die unzertrennlich wirken: Goldie Hawn und Kurt Russell in den USA, Günther Jauch und seine Frau Dorothea in Deutschland. Man freut sich über jedes Jahr, das sie durchhalten. Aber woher kommt überhaupt die so emotionale Anteilnahme an prominenter Liebe?
Zahllose Babys wurden dem einstigen Traumpaar Jennifer Aniston und Brad Pitt seit Anistons Scheidung in der US-Promipresse schon angedichtet. Über ein Jahrzehnt nach der Trennung, eine Großfamilie und zwei Ehen später, sehnen sich die Menschen immer noch nach einem Happy End der beiden. Als Helene Fischer und Florian Silbereisen im vergangenen Dezember ihre Trennung bekannt gaben, hagelte es gar Hasstiraden und Drohbriefe auf den Mann, für den Fischer ihren Florian verließ. Nimmt man noch die via Social Media ausgefochtene Trennung von Sarah und Pietro Lombardi dazu, sieht man, dass Promitrennungen jede Altersgruppe beschäftigen.
Thomas und Thea waren, genau wie Brad und Jen, Florian und Helene, ein Allwetter-Lieblingspaar. Doch anders als die letztgenannten hielten Thomas und Thea tatsächlich durch, zogen Kinder groß und wurden, zumindest fast, gemeinsam alt. Auch wenn man mit ihnen vielleicht eher die Feiertage, als eine gemeinsame Nacht verbringen wollte: Solche Paare braucht das müde Herz in einer Zeit, in der Trennungen an der Tagesordnung sind. Sie sind wie das Händchen haltende Rentner-Paar im Park, über das man still und glücklich lächelt.
Wenn sich ein so vertrautes Langzeitpaar wie die Gottschalks trennen, kann man ins Zweifeln geraten: Wenn die es nicht schaffen, wie soll ich dann bloß… ? Es mag wenig sinnvoll wirken, sein Liebeskonzept an eine Fiktion zu hängen. Aber genau so funktioniert das bei Liebe. Sie ist gespickt von irrealen Erwartungen und Wünschen. Selbst biologisch hat das Interesse an Prominenten und ihren Beziehungen Sinn: Die Menschen, die in einer Gruppe hervorstechen, besonders erfolgreich sind, haben Vorbildfunktion. Prominente zu beäugen ist also eine Art Urinstinkt, eine Blaupause für das eigene Leben.
Für das Phänomen gibt es einen Namen: parasoziale Beziehung. Sie beschreibt die oft jahrelange Verbindung, die Nicht-Prominente zu Prominenten aufbauen, obwohl sie auf einseitigem Interesse basiert. Der Fan investiert viel Zeit und Emotionen, kreiert ein Bild vom Star in seinem Kopf. Erst wenn dieses widerlegt wird, wird man sich der Dissonanz von Realität und eigener Fiktion bewusst. Loszulassen ist nicht nur nach dem Ende der eigenen Beziehungen schwer, sondern scheinbar auch nach dem Ende einer fremden, die man als Fan oder Zuseher so gut zu kennen glaubt.
Aber es könnte einen Trick geben, wie man Promi-Trennungen etwas Positives abgewinnt. Man könnte statt der etwas verstaubten Silberhochzeit künftig die eigene Beziehung an gescheiterten Promi-Lieben messen. Ihre Ehe hält länger als 55 Stunden? Glückwunsch, dann haben sie Britney Spears und Jason Alexander schon übertroffen. Wer 73 Tage glücklich verheiratet bleibt, liebt sich mehr als Kim Kardashian und Kris Humphries (72 Tage). Übersteht ein Ehepaar gar sieben Jahre – bislang kupferne Hochzeit genannt – hat es die Brad&Jen-Grenze überschritten. Nach 25 Jahren Ehe, der Silberhochzeit, hat man Marius Müller-Westernhagen und seine Romney erreicht. Und wer 42 Jahre glücklich zusammenbleibt, hat künftig Gottschalk-Tag.