Bambuslaminat
Bambusfaser wird in China schon sehr lange verwendet, zum Beispiel um hohe Gerüste zu bauen. Warum gilt das Material plötzlich als edler Parkett-Ersatz?
Das neue Bambuslaminat ist ein Kind der Globalisierung. In China wurde die Bambusfaser eher als praktisches, nicht unbedingt nobles Material genutzt. Seit sie im Westen als glattes Laminat verarbeitet wird, ist sie nicht nur technisch interessant, sondern auch sehr ästhetisch. Was hat Bambuslaminat anderen Hölzern voraus?
Es ist belastbar. Man kann darauf sogar mit spitzen Absätzen herumlaufen. Und man kann es gut biegen. Deshalb werden daraus nun auch Möbel gebaut. Mit Stuhllehnen aus Bambus etwa lässt es sich angenehm wippen, ohne dass sie je zu brechen drohen. Außerdem sind Bambusfasern von Natur aus verschieden gestreift und gefärbt. So entstehen ungewöhnliche Muster und Strukturen. Der Hersteller »Plyboo« aus San Francisco zum Beispiel begeistert immer mehr große Architekten und Designer.
Martin Beeh ist Industriedesigner und leitet seit Anfang des Jahres die Materialbibliothek »Material ConneXion« in Köln.
Auf der nächsten Seite: Thermochromatisches Material - oder warum Schreibtische verraten können, ob man gearbeitet hat oder nur Kaffe getrunken.
Thermochromatisches Material
Funktioniert dieses Material wie ein Fieberthermometer?
Es ist das gleiche Prinzip: Der Stoff besteht aus einzelnen Partikeln, die das Licht je nach Temperatur anders reflektieren. Wenn ich meine Hand darauflege, verändert sich die Farbe durch die Wärme. So kann auch ein Sofa erröten, wenn es dem darauf Sitzenden heiß ist.
Lässt sich denn jeder Gegenstand mit dem Material überziehen?
Ja, man kann es als Folie, Lack oder Spritzguss auf alle Oberflächen aufbringen, ohne deren Struktur zu verändern. Diese sogenannten sensiblen Möbel sind ganz neu. Vor einem Jahr hat das »designlab« aus Bangkok erstmals einen thermosensitiven Schreibtisch als Unikat entworfen. Darauf hinterlässt ein Laptop eine violette Farbspur, eine Kaffeetasse eine rote.
Werden bald Schreibtische im Büro verraten, ob man gerade gearbeitet oder Kaffee getrunken hat?
Für den Alltag ist so ein innovatives Material etwas übertrieben. Es ist ein Spaß und sicher gut für spektakuläre Inszenierungen. Daheim habe ich aber lieber mein ganz normales Sofa, das mich in Ruhe lässt.
Karsten Bleymehl ist Produktdesigner und beschäftigt sich mit neuen Technologien.
Auf der nächsten Seite: Das Rindentuch - und warum sich 700 ugandische Bauernfamilien über ihren Einkauf freuen würden.
Rindentuch
Macht man die Welt ein bisschen besser, wenn man Möbel und Kleider aus Feigenbaumrinde kauft?
Auf jeden Fall handelt der Konsument verantwortungsvoll. Die Rinde des Mutuba-Feigenbaums aus Uganda ist ein regenerativer Rohstoff, der ohne Pestizide angebaut wird und von sich aus kompostierbar ist. Außerdem unterstützt der Kunde »Bark Cloth« die einheimische Bevölkerung seit 1999 bei der Herstellung des sogenannten Rindentuchs. Es entsteht in traditioneller, mühevoller Handarbeit. Etwa 700 Bauernfamilien können heute davon leben.
Sieht das denn gut aus, hundert Prozent Feigenrinde am Körper zu tragen oder als Laminat ins Wohnzimmer zu legen?
Rindentuch ist zwar das archaischste Textil der Welt, aber deswegen doch nicht weniger schön. Gerade Königinnen und Prinzessinnen in Ostafrika haben sich in Feigenrinde gekleidet. Ein uralter Mythos besagt nämlich, dass der von den Göttern geschaffene Mensch von einem Feigenbaum auf die Erde kletterte.
Anne Farken ist Diplom-Designerin und Expertin für ökologische
Produkte.
Auf der nächsten Seite: Rochleder - und warum Sie das Material bald in ihrem Schlafzimmer überraschen könnte.
Rochenleder
Das perlenartige Rochenleder sieht exotisch und edel aus, aber es ist etwas starr. Sie wollen Dessous daraus machen?
Ja, und zwar sehr bequeme. Bislang konnte das Leder nur auf Möbel mit harten Oberflächen wie Tische und Kommoden gezogen werden. Seit diesem Jahr kann man es so behandeln, dass es jetzt viel dünner und flexibler ist. Bald kann man sich auf Polsterbezügen aus Rochenhaut räkeln.
Das hätte auch den adeligen Liebhabern dieses Leders im 18. Jahrhundert gefallen.
Ja, der europäische Adel war damals ganz versessen auf das teure Material, das von weit her kam und aufwendig verarbeitet werden musste. Exquisite Möbel und Nippes brachte man damit zum Schimmern – die Haut der Rochen setzt sich aus winzigen Schuppen zusammen, die dem Leder einen Perlmuttglanz verleihen. Und den gibt es heute auch in Neonfarben.
Angelika Eickenscheidt ist Inhaberin des Rochenlederhandels Obieick in Castrop-Rauxel.
Auf der nächsten Seite: Die Osb-Platte - wenn Holz sich wie Kunststoff verhält.
Osb-Platte
Dieses Material gilt als billige Alternative zur Sperrholzplatte und sieht nicht unbedingt schöner aus als andere Spanplatten. Warum erregt es nun so großes Aufsehen?
Bisher konnten Designer mit einer OSB-Platte nicht viel anfangen, weil sie eben und platt war. OSB ist die Abkürzung für »oriented strand board«. Die Platte besteht aus »richtungsorientierten Langspänen«, die flach gepresst sind. Jetzt hat sie sich weiterentwickelt: Die neue OSB-Platte kann gebogen werden. Drei Jahre lang haben wir mit verschiedenen Leimen experimentiert, um eine geeignete Kombination zu entdecken. Sie hält die Späne zusammen und macht die Platte formbar.
Was wird denn jetzt aus der OSB-Platte gebogen?
Momentan ist die Platte noch ein Prototyp, 2008 wird sie hoffentlich auf den Markt kommen. Man wird daraus alle Arten von Möbeln bauen. Designer können die flache Holzspanplatte unter Anwendung von Hitze und Druck praktisch wie einen Kunststoff biegen. Wenn der Klebstoff darin dann trocknet, bleibt die Form erhalten.
Detlef Krug ist Leiter des Ressorts Holzwerkstoffe am Institut für Holztechnologie Dresden.