Warum bestraft man Verbrecher? Im Grunde gibt es drei Ansätze: Vergeltung, Spezialprävention und Generalprävention. Vergeltung ist der archaischste Strafzweck, sie liegt dem Talionsprinzip »Auge um Auge, Zahn um Zahn« zugrunde, der Kant’schen Idee, dass, wenn eine Gesellschaft sich auflöste, vorher der letzte Mörder hingerichtet werden müsse.
In dieselbe Richtung zielt das Hegel’sche Diktum, wonach das Verbrechen die Negation des Rechts darstelle und die Strafe die Negation dieser Negation, somit ein »Aufheben des Verbrechens, das sonst gelten würde«. Allerdings kennt man seit Seneca die Aussage: »Kein kluger Mensch straft, weil gesündigt worden ist, sondern damit nicht gesündigt werde.« Platon hatte dazu in Nomoi das schlagende Argument formuliert, dass sich eben durch die Strafe »das Geschehene nicht ungeschehen machen« lasse.
Dieses Problem vermeidet die Idee, den Zweck der Strafe in der Verhinderung von Verbrechen zu sehen. Die Spezialprävention will den Täter selbst von weiteren Taten abhalten, resozialisieren – dieses Ziel bzw. das Normlernen hat bei Jugendlichen Vorrang. Nach der Generalprävention soll die Strafdrohung andere von Verstößen abhalten, die Bestrafung das Gefühl der Rechtstreue stärken und die Gesellschaft stabilisieren.
Übersteigt allerdings das Strafmaß »um ein Exempel zu statuieren« die Schuld des Täters, wird dieser zum Mittel der Verbrechensbekämpfung gemacht, unzulässig instrumentalisiert. Die Schuld muss, wie der Strafrechtler Claus Roxin betont, die Strafe begrenzen, kann sie jedoch nicht allein begründen.
Freude über harte Bestrafung ist somit problematisch. Allerdings wäre eine Rechtfertigung denkbar: Sokrates meinte, dass die Gerechtigkeit nicht nur wegen ihrer Folgen, sondern auch um ihrer selbst willen geliebt werden muss. Wenn man das Urteil in obigem Sinne als »gerecht« empfindet, kann man sich ohne schlechtes Gewissen über diese Gerechtigkeit freuen.
Illustration: Anders Bergesen/Strichpunkt