»Umerziehen« ist das Stichwort. Offenbar wird Ihnen gar nicht bewusst, dass Sie selbst erfolgreich umerzogen worden sind: Sie nehmen ohne Weiteres hin, dass die Handelsketten bestimmen, was Sie erhalten.
Dem muss nicht so sein. Der französische Kulturphilosoph Michel de Certeau hat in seinem Buch Kunst des Handelns darauf hingewiesen, dass der Konsument nicht nur konsumiert, sondern dabei auch produziert. De Certeau spricht vom »aktiven Konsumieren«, darunter versteht er »eine andere Produktion, die als ›Konsum‹ bezeichnet wird«.Also wehren Sie sich! Wenn Sie partout nicht woanders einkaufen wollen, sagen Sie dem Filialleiter Ihres Stammgeschäftes, dass Sie sein Angebot für unbefriedigend halten, schreiben Sie an die Firmenzentrale oder werfen Sie die moralisch faulen Eier dem Laden an die elektrische Glasschiebetüre (gedanklich meine ich natürlich, bevor nun die Konzernjuristen aufspringen). Nur nehmen Sie es nicht einfach so hin! Oder Sie fahren doch einen Umweg. Nicht wegen ein paar Eiern, aber vielleicht wegen Ihres gesamten Einkaufs. Bevor die Supermärkte die lokale Infrastruktur zerstörten, erhielt man seine Grundnahrungsmittel aus der Umgebung. Das geht auch heute noch, auf dem Wochenmarkt, in einem Laden mit regionalen Produkten oder wenn Sie sich Lebensmittel mit einer Ökokiste ins Haus liefern lassen – obendrein meist in besserer Qualität. Und notfalls bleibt der Eierbecher eben auch mal leer. Wenn das Angebotene unter unvertretbaren Umständen der Tierhaltung produziert oder über ökologisch bedenkliche Entfernungen transportiert wurde, verzichten Sie darauf.
Ich bin ein Anhänger der Freilandhaltung – vor allem der Konsumenten. Sie werden nicht im Angebotskäfig Supermarkt gehalten, sondern können ihre Wünsche äußern und sich auch außerhalb frei bewegen und bedienen. Sie müssen es nur tun.
Haben Sie auch eine Gewissensfrage? Dann schreiben Sie an Dr. Dr. Rainer Erlinger, SZ-Magazin, Hultschiner Str 8, 81677 München oder an gewissensfrage@sz-magazin.de
Illustration: Jens Bonnke