Ein Prost aufs selbstbewusste Altern

Neue Filme und Serien legen nahe, dass Frauen jetzt zu jeder Zeit ihres Lebens schön, erfolgreich und sexuell aktiv sein müssen. Unserer Autorin geht das zu weit.

Foto: Maurizio Di Iorio

Kennen Sie die neue US-Serie And Just Like That…? Es ist die Fortsetzung von Sex and the City über vier junge Frauen, die Ende der Neunzigerjahre in New York leben, bombe aus­sehen, viel Sex und tolle Jobs haben. Inzwischen sind zwei Jahrzehnte vergangen, die Freundinnen von damals sind jetzt Mitte 50, tragen aber nach wie vor unfassbar hohe Schuhe und haben ein aufregendes Großstadt- und Sexleben. Und jetzt kommt’s: Diese Frauen sind genauso alt wie die Protagonistinnen der US-Serie The Golden Girls aus den Achtzigerjahren. Die handelt von vier Frauen mit grauen Haaren und Lockenwicklerfrisuren, die in einer Senioren-WG leben und oft in Schlabberklamotten auf der Couch sitzen, weil ihnen in ihrem Alter einfach vieles egal ist.

Warum ich das erzähle: Wie Frauen in Serien und Filmen dargestellt werden, prägt unsere Vorstellungen von Weiblichkeit. Und die hat sich ziemlich verändert. Bei den Berliner Filmfestspielen im ­Februar stand in gefühlt jedem dritten Film eine attraktive Frau in den Fünfzigern im Mittelpunkt. Sophie Rois spielte eine ältere Schauspielerin, die etwas mit einem Siebzehnjährigen hat. Juliette Binoche verkörperte eine ältere Radiomoderatorin, die in einem ­Pariser Loft lebt und gleich mit zwei Männern etwas hat.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich finde, jede Frau Ü50 kann sich einen Lover suchen oder sich in einer Ménage-à-trois mit zwei emotional herausgeforderten Alpha-Typen zerreiben. Ich finde auch gut, dass es in so vielen Filmen und Serien ältere Protagonistinnen gibt. Das war nicht immer so, eine neue Studie über Diver­sität im Film läuft darauf hinaus, dass alte Frauen oft nicht einmal als Leiche im Fernsehkrimi besetzt werden.

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Ich frage mich nur, ob das wirklich eine erstrebenswerte Vorstellung von weiblichem Alter ist. Denn wenn jetzt selbst Frauen in den Wechseljahren und darüber hinaus wie Mittzwanzigerinnen aus­sehen, denken, handeln und sich in Stilettos quetschen, dann heißt das ja: noch mehr Druck, noch mehr Erwartung, dass Frauen zu jeder Zeit ihres Lebens schön, erfolgreich und sexuell aktiv sein müssen.

Die einzige alte Frau auf dem Planeten, die so respektiert und verehrt wird, wie sie ist, dürfte die Queen sein. Sie wird das natürlich, weil sie eine der reichsten und mächtigsten Personen der Welt ist und aus einer Familie kommt, die lange über einen Teil dieser Welt bestimmt hat. Und dennoch ist sie eine Ikone weiblicher Präsenz und weiblichen Alterns, weil sie immer genau so aussah, wie es ihrem Alter entsprach. Ähnlich war es bei ihrer Mutter, der Queen Mum, die auch noch als sehr alte Frau in der Öffentlichkeit stand. Von ihr wird erzählt, dass sie sich am späten Nachmittag gern einen Gin Tonic genehmigte. Einfach so, weil ihr danach war. Und auch die Queen soll Gin mögen, allerdings mit Dubonnet, Eiswürfeln und einer Scheibe Zitrone zubereitet.

Wie auch immer, ich würde Gin Tonic gerne zum Signature Drink für Lebenssituationen ausrufen, in denen Frauen genauso alt sein dürfen, wie sie sind. Die keine jungen Leben führen oder sich danach sehnen müssen, weil sie eben nicht mehr jung sind. Die auch mal schlapp, schrullig, genervt und meistens sehr lustig sind, so wie ­früher The Golden Girls. Von einer von ihnen stammt der Satz: ­»Die Leute verschwenden ihre Zeit damit, darüber nachzudenken, ob ein Glas halb leer oder halb voll ist. Ich trinke einfach alles, was im Glas ist.«