Linda Kaiser, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen-Knigge-Gesellschaft, erklärt, worauf es bei der Retoure im Restaurant ankommt:
»Wenn ich Essen im Restaurant zurückgehen lassen möchte, muss ein gravierender Mangel vorliegen oder ein Fehler bei der Zubereitung passiert sein, obwohl ich meine Bestellung klar kommuniziert habe. Bevor ich mein Essen jedoch wieder der Servicekraft übergebe, sollte ich mir überlegen, ob es trotz einer Abweichung genießbar ist. Nehmen wir das klassische Beispiel: Ich habe mein Steak medium gebraten bestellt, bekomme es aber blutig serviert. Dann kann ich es wahrscheinlich problemlos zurückgehen lassen und darum bitten, es noch einmal kurz bis zur gewünschten Garstufe zu braten. Kommt es aber durchgebraten auf meinen Teller, sollte ich mir überlegen, ob ich es auch ausnahmsweise so genießen kann. Ansonsten müsste man mir ein neues Steak servieren und das andere landet im Müll. Das halte ich in Anbetracht von Lebensmittelverschwendung und aus Wertschätzung für das Produkt für nicht mehr zeitgemäß. Anmerken sollte ich den Fehler allerdings trotzdem, um dem Service- und Küchenpersonal die Möglichkeit zu geben, es in Zukunft besser zu machen. Die Küche ist schließlich nicht mein Feind. Das A und O ist ein ruhiger, freundlicher und verständnisvoller Umgang mit den Angestellten. In der Regel zeigt sich das Personal verständnisvoll. Ist das nicht der Fall und ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin reagiert gereizt, sollte ich versuchen, die klügere und souveränere Person in der Situation sein. Einen schlechten Tag zu haben, ist menschlich. Generell ist wütendes Service- und Küchenpersonal, meiner Erfahrung nach, aber eher selten.
Unverträglichkeiten sowie vegane und vegetarische Ernährung sollte ich selbstverständlich bereits während der Bestellung erwähnen. Heutzutage ist es in Restaurants kein Problem mehr, Dinge ab- oder dazuzubestellen; sei es ein Topping auf dem Salat oder der Austausch einer Beilage. Wenn das Gericht so kommt, wie ich es bestellt habe, es nicht ungenießbar ist, mir aber dennoch nicht schmeckt, wird es knifflig. Denn das ist in der Regel kein ausreichender Grund, es zurückgehen zu lassen, sondern Geschmackssache. Auch wenn ich das Gericht schon zur Hälfte gegessen habe, kann ich es nicht mehr zurückgehen lassen.
Sollte es wirklich mal passieren, dass mein Essen ein zweites Mal mit Mängeln an meinem Tisch ankommt, kann ich mich entscheiden, ob ich es zurückgehen lasse und gehe, oder es hinnehme und einfach bei einem Getränk sitzen bleibe. Das hängt auch von dem Rahmen des Restaurantbesuchs ab. Bei Omas 80. Geburtstag wäre es wahrscheinlich unangebracht, verärgert die Feier zu verlassen. Bezahlen muss ich das unberührte, zurückgegebene Essen aber nicht.«