Wie drückt man Beileid aus, wenn es keinen Trost gibt?

Unsere Leser haben den verstorbenen Sohn ihrer Bekannten als begeisterten Motorradfahrer in Erinnerung. Sie fragen sich, ob sie diese Leidenschaft in ihrer Beileidsbekundung erwähnen können – obwohl er dadurch zu Tode gekommen ist?

Illustration: Serge Bloch

»Der 25-jährige Sohn von Bekannten ist durch einen Motorradunfall zu Tode gekommen. Wir möchten den Eltern schriftlich unser Beileid ausdrücken, haben den jungen Mann allerdings nur als begeisterten Motorradfahrer in Erinnerung. Wir wissen, dass die Eltern die Begeisterung ihres Sohnes unterstützt haben. Aber vielleicht machen sich die Eltern jetzt deswegen Vorwürfe, und es wäre nicht feinfühlig, das Thema Motorrad im Beileidsschreiben zu erwähnen. Das hieße aber, dass man sich auf Beileids­floskeln beschränken müsste, wenn man sonst nichts über den Sohn weiß. Oder?« Wolf S., Nürnberg

Ich glaube, in einem solchen Fall zählt wirklich allein die Geste. Soweit ich gehört habe, ist das für ­Hinterbliebene schon ein Trost, wenn Menschen sich also hingesetzt haben, um zu Papier zu bringen, dass sie dieser Tod bewegt. Sie müssen das Motorrad vielleicht wirklich nicht erwähnen. Dass es auf tragische Weise seinen Tod bedeutet hat, sagt nichts über sein Leben. Wissen Sie, was? Ich glaube, in Wahrheit müssen Sie den Eltern überhaupt nicht erzählen, wer ihr Sohn war. Das wissen die ja selber. Schreiben Sie, was Sie fühlen. Verstecken Sie sich nicht hinter formelhaft gestelzten Sätzen. Ich glaube, man kann ruhig auch schreiben, dass einem die Worte fehlen. Aber es käme mir komisch vor, Ihnen jetzt Vorschläge zu machen, was Sie schreiben könnten. Das wäre ja auch wieder wie eine Formel. Es muss von Ihnen kommen.

Vielleicht, wenn Sie in derselben Stadt wohnen, gehen Sie einfach beim Friedhof vorbei und legen Blumen aufs Grab. Dann könnten Sie das schreiben. Sie müssen ja nicht lang schreiben. Aber schreiben Sie. Lassen Sie Ihre Bekannten nicht mit ihrer Trauer allein. Es geht hier gar nicht so sehr um Sie, oder ob eine Formulierung mittelgut geglückt ist, es geht darum, Mitgefühl zu zeigen. Und sollte Ihnen irgendetwas einfallen, womit Sie helfen könnten – ich weiß ja nicht, wie nahe Sie den Eltern ­stehen –, dann tun Sie es einfach, ohne zu fragen. Schreiben Sie, dass Ihnen die Worte fehlen und dass der Tod eine unglaub­liche, überfordernde Gemeinheit ist und dass der Sohn viel, viel, viel zu jung war zum Sterben. Natürlich in Ihren Worten. Was da passiert ist, ist nicht zu verstehen. Für niemanden. Es ist total sinnlos, es gibt keinen Trost und daher auch gar nichts Kluges zu sagen. Es ist einfach nur grausam und wahnsinnig traurig.