Geschenk eines Beschenkten

Unser Leser möchte sein Erbe mit Künstler-Freunden teilen, die finanziell schlechter gestellt sind. Wie kann er sie unterstützen, ohne sie zu beschämen?

Illustration: Serge Bloch

»In naher Zukunft erwarte ich eine größere Summe Geldes aus einer Erbschaft. Zu meinem engeren oder engsten Freundeskreis gehört eine freie Kostümbildnerin mit ihrem Mann, einem freischaffenden Künstler. Die Corona-Pandemie hat den beiden viele Aufträge, Ausstellungen und Arbeiten für das Theater vermasselt. Ich möchte die beiden nun an meinem Geldsegen teilhaben lassen. Wie stelle ich das an, ohne sie zu beschämen?« Thomas B., Stuttgart

Wahnsinnig nett, was Sie vor­haben – und wahnsinnig nett auch, dass Sie sich Gedanken darüber machen, wie Sie das umsetzen können, ohne dass jemand sich dabei schlecht fühlen wird. Denn die Gefahr besteht ­natürlich. Dass das irgendwie gönnerhaft rüberkommt, so, als glaubten Sie, die beiden wären auf Ihre milden Gaben angewiesen. Muss nicht sein. Aber könnte. Dass Sie es mitbedenken und sogar hierher schreiben, spricht dafür, dass es möglich ist. Sie kennen die beiden und haben da bestimmt ein gutes Gespür. Hinzu kommt der Zeitpunkt, der das Paar vielleicht unangenehm überrascht. Denn irgendwie haben sie es ja durch Corona geschafft, und die Situation ist inzwischen, wie man hoffen will, für die beiden wieder besser.

Aber genug gemutmaßt, was halten Sie von folgender praktischer Idee: Sie erzählen den beiden von dem Geldsegen, der auf Sie zukommt, und sagen, genau wie Sie es in Ihrer Frage hier formuliert haben, dass Sie auch andere daran teilhaben lassen wollen. So weit, so zutreffend. Und dann erfinden Sie einfach noch ein paar andere Personen hinzu, die Sie, fiktiv, ebenfalls beschenken. Eine Cousine, ein Patenkind, wen auch immer. Entweder benennen Sie diese, oder Sie sagen einfach nur, dass es eben auch noch andere gibt, denen Sie etwas von Ihrer Erbschaft abgeben möchten. Falls Sie nicht ­lügen wollen, auch wenn es in diesem Fall eine weiße Lüge wäre, einzig dazu da, auf dieser Welt etwas Gutes zu bewirken, könnten Sie überlegen, tatsächlich noch eine weitere Person zu beschenken. Mög­licherweise eine Person, die das Geld im Grunde nicht nötig hat. Dann könnte es von dem Paar nicht mehr als Almosen miss­verstanden werden, sondern als die generöse und schöne Geste, als die Sie es meinen. Als Geschenk eines Beschenkten, den es glücklich macht, andere zu beschenken.