Als wäre nichts geschehen

Eine Leserin hütet den Hamster der Nachbarskinder, während diese im Urlaub sind – dann stirbt das Tier in ihrer Obhut. Soll sie heimlich für Ersatz sorgen?

Illustration: Serge Bloch

»Ich bin 65 Jahre alt. Meine Nachbarn, eine Familie mit drei noch sehr jungen Kindern, sind in die Ferien gefahren, ich versorge ihren geliebten Hamster. Leider ist etwas Schreckliches passiert. Als ich das Tor zum Käfig aufmachte, huschte meine Katze hinein und verwundete das arme Tier, das kurz darauf starb. Jetzt habe ich schlimme Schuldgefühle. Meine Idee wäre, den Hamster, der einfarbig ist, heimlich zu ersetzen. Wäre das vertretbar?« Marianne P., Stuttgart

Sie tun mir so wahnsinnig leid. Etwas in der Art ist wohl jedem von uns schon mal passiert, auch wenn nicht jedes Mal ein Lebewesen dabei zu Tode gekommen ist. Als ich ein Teenager war, vertraute mir ein Bekannter meiner Eltern feierlich übers Wochenende seine wertvolle Kamera an. Ich hatte ihm erzählt, dass ich mich für Fotografie interessierte, und er wollte einem jungen Menschen wohl etwas Gutes tun. Es war eine Hasselblad, die auf dünnen langen Beinen stand. Sie sah aus wie ein Würfel, man sah von oben hinein, und durch die Linse erschien alles spiegelverkehrt. Ich weiß noch genau, wie sie über Nacht in meinem Jugendzimmer stand. Vor der Stereoanlage. Und wie mein Herz bei ihrem Anblick schlug, weil ich so stolz war, sie anvertraut bekommen zu haben, und mir auch der Riesenverantwortung bewusst, mit einem so teuren Gegenstand umzugehen. Und es schlägt heute noch schneller, wenn ich daran denke, wie ich sie auf einmal umstürzen sah. Ich war nicht einmal in der Nähe, keine Ahnung, wie es passiert ist, ich konnte nur dabei zusehen, wie sie der Länge nach hinschlug. Danach war sie ­kaputt. Und ließ sich auch nicht mehr ­reparieren, nie mehr. Der Bekannte meiner Eltern meinte sehr tapfer und groß­zügig, das könne jedem passieren, aber ich schäme mich bis heute, dass es in meiner Obhut geschah.

Eine Freundin setzte sich in den Achtzigerjahren mal versehentlich auf einen Hamster, der dabei starb. Immerhin war es ihr eigenes Tier, aber Schuldgefühle hat sie bis heute. Ein Bekannter sollte auf den Hund einer Freundin aufpassen. Gleich am ersten Abend riss er sich beim Gassigehen los und wurde überfahren. Shit happens. Leider. Sprechen Sie mit den Eltern. Erzählen Sie, was passiert ist. Sie werden damit umgehen können und wissen, was für ihre Kinder das Richtige ist.