Dein Kopf, unsere Sorgen

Dürfen Eltern ihren erwachsenen Sohn zwingen, einen Fahrradhelm zu tragen? Oder andernfalls als Druckmittel das Enkelhüten einstellen?

Illustration: Serge Bloch

»Unsere Schwiegertochter hat unserem Sohn ein schnelles Fahrrad zum Geburtstag geschenkt. Wir haben einen Fahrradhelm beigesteuert, in Form eines Gutscheins, so was muss man ja anprobieren. Die Reaktion war eher lau (»Da muss ich mal drüber nachdenken«). Wir fürchten, er könnte weiterhin ohne Helm fahren. Sollen wir androhen, in Großelternstreik zu treten? Uns weigern, unsere Enkel ab und zu mal übers Wochenende zu hüten?« Axel L., München

Ihr Sohn ist volljährig, und so unklug es auch sein mag, ohne Helm durch die Stadt zu rasen, so sehr ist das sein gutes Recht. Nicht mal der Gesetzgeber schreibt ihm (bisher) einen Helm vor. Genauso ist es natürlich Ihr gutes Recht, übers Wochenende nicht mehr Ihre Enkel zu hüten. Aber was hat das eine mit dem anderen zu tun? Ich kenne natürlich Ihre Enkel nicht, aber: Würden Sie sich damit nicht in erster Linie selbst bestrafen? Anders gefragt: Hüten Sie Ihre Enkel denn nur, um Ihrem Sohn einen Gefallen zu tun? Und wie würden Sie Ihren Enkeln Ihr Fortbleiben erklären? Falls die noch zu klein sind, um kausale Sachverhalte zu verstehen: Die Kausalität dieses Sachverhaltes wäre auch schwer nachvollziehbar, wenn man sie ihnen erst Jahre später im Rückblick erklärt. Ihr Lieben, Oma und Opa haben euch damals nicht mehr oft ins Bett gebracht, weil euer lieber Vater sich geweigert hat, einen Fahrradhelm aufzuziehen. Sie merken es selbst, da passt eines nicht so richtig zum anderen, es ist wahnsinnig um die Ecke gespielt. Als ob irgendein Küchengerät klemmt, und dann reist man ins Ausland und haut dort eine Boulekugel in ein Schaufenster.

Der große dänische Pädagoge Jesper Juul, der leider vergangenes Jahr starb, plädierte für »Gleichwürdigkeit« zwischen Eltern und Kindern. Dafür, dass Wünsche, Anschauungen und Bedürfnisse beider Seiten gleichermaßen ernst genommen und respektiert werden. Das hört mit erwachsenen Kindern ja nicht auf, eher im Gegenteil. Vielleicht könnten Sie versuchen, Ihrem Sohn mit Ihrer Sorge nicht von oben zu kommen. Sagen Sie ihm auf Augen­höhe, dass Sie um ihn fürchten, weil Sie ihn lieben, und nicht wollen, dass ihm etwas passiert. Ob es zum gewünschten Ziel führt? Es wird auf jeden Fall stärker in ihm nachwirken als Erpressung, und sei sie noch so gut gemeint.