Drei oder 18 Euro? 

Wie viel Trinkgeld soll man geben, wenn das Essen im Hotel inklusive ist? Unsere Kolumnistin entscheidet sich für die zweitschönste Antwort.

Illustration: Serge Bloch

»Klingt lang her, ist es aber gar nicht: Urlaub im Fünf-Sterne-Hotel. Kulinarische Offenbarung! Jeden Abend ein tolles Fünf-Gang-Menü, das im Arrangement bereits enthalten und bezahlt war. Anders der Tischwein, den man täglich direkt bei der (sehr guten) Bedienung zahlte. Beim Trinkgeld befand ich mich im Dilemma. Welche Bezugsgröße ist die richtige? Nur der Wein (etwa 30 Euro) oder das gesamte Menü für zwei (Wert zirka 180 Euro plus die genannten 30 Euro)?« Mario O., Erpel

Die richtige Bezugsgröße, werter Feinschmecker, ist das gesamte Menü für zwei, zuzüglich des hoffentlich vorzüglichen Tischweins. Wäre ich Ihr Buchhalter, würde ich mich vielleicht dafür entschuldigen, Ihnen diese aus finanzieller Sicht zweitschönste Antwort zu geben, aber da ich es nicht bin, lege ich sie in Gedanken einfach, in eine Stoffserviette eingeschlagen, mit auf den Teller, auf dem die aufmerksame Bedienung neben zwei Schokopralinen als Espressobegleitung die Rechnung bringt.

Und hier die Begründung: Die Bedienung, der das Trinkgeld zugutekommt, kann nichts dafür, ob das, was sie Ihnen serviert, Teil eines vorbezahlten Arrangements ist oder nicht. Sie macht in beiden Fällen genau denselben Job, heißt Sie willkommen, bringt fünfmal Essen für zwei, räumt fünfmal ab, versorgt Sie und Ihre Begleitung mit Getränken, kümmert sich um Sie, ist für Sie da. Und es ist davon auszugehen, dass diese Person nicht sensationell gut bezahlt wird.

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Wenn Sie die Möglichkeit haben, es sich so gut gehen zu lassen, wie Sie das taten und hoffentlich bald wieder tun, dann wäre es ja auch einfach von der Geste her schön, am Ende eines angenehmen Abends beim Trinkgeld nicht zu knausern. Sie schreiben, dass Sie mit der Arbeit Ihrer Bedienung zufrieden waren. Das drückt man international am elegantesten mit Großzügigkeit aus. Wenn ich mich ganz kurz doch in einen Buchhalter verwandeln darf: Am Ende eines Fünf-Gänge-Menüs in einem Fünf-Sterne-Hotel lässt man einfach nicht drei Euro Trinkgeld da, wenn wir mal von der Zehn-Prozent-Regel ausgehen, und ehrlich gesagt auch nicht fünf. Das würde sogar weniger die Bedienung beschämen als Sie selbst. Ich bin mir aber irgendwie sicher, Sie haben das Richtige getan.