Name: Miriam Klingl
Geboren: 1994 in Regensburg
Wohnort: Berlin
Ausbildung: zur Fotografin am Lette Verein Berlin und Studium zur Bildredakteurin an der Ostkreuzschule für Fotografie
SZ-Magazin: Was hat Sie am Thema der ghanaischen Fischer gereizt?
Miriam Klingl: Ghanas Küsten zählten Jahrhunderte lang zu den fischreichsten Gewässern der Welt. Die meisten Fischer übernahmen den Beruf ihrer Väter und Großväter, mussten in den letzten Jahrzehnten jedoch erkennen, dass der Beruf des Fischers immer härter wird und die Familien davon kaum noch leben können. Das ist ein warnendes Beispiel dafür, was passiert, wenn unser Leben nur noch auf Konsum ausgelegt ist und wir uns keine Gedanken mehr darüber machen, woher unsere Lebensmittel kommen.
So wie den Fischern in Ghana geht es vielen Landwirten auch, die von der Globalisierung betroffen sind. Was macht die Geschichte der Fischer in Ghana besonders?
Was mich schockiert hat, war die rasante Entwicklung in Ghana. Konnten die Fischer vor einer Generation noch halbwegs vom Fischfang leben, so haben sich viele der Kinder inzwischen entschieden, in die nächstgrößeren Städte zu ziehen, um dort in großen Fischfabriken zu arbeiten. Der traditionelle handwerkliche Fischfang ist vom Aussterben bedroht.
Welche Rolle spielen wir Konsumenten in Europa? Können wir die Situation der Fischer in Ghana oder allgemein der Bauern in afrikanischen Ländern beeinflussen?
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man fast zu jeder Tages- und Jahreszeit erwartet, in den Supermarkt gehen zu können, um Fisch zu kaufen. Viel zu selten machen wir uns Gedanken darüber, wie das eigentlich funktionieren kann. Ein bewusster Konsum ist ein Schritt in die richtige Richtung – wir sollten uns fragen, woher unser Fisch kommt und wie er gefangen wurde.
Es sind nicht nur die Fischer allein, die bedroht sind. Wer hängt da noch alles dran, wenn die Fischer keine Fische fangen?
Zehn Prozent der ghanaischen Bevölkerung leben von der Fischerei. Damit sind natürlich nicht nur die Fischer gemeint, sondern zum Beispiel auch der Bootsbauer, der die Pirogen baut, die kleinen Fischerboote, die aussehen wie Nussschalen, oder die Frauen im Dorf, die den Fisch weiterverarbeiten und vor Ort verkaufen. Außerdem ist Fisch ganz wichtig für die Ernährung der Bevölkerung – durch die mageren Fänge steigen auch die Kosten für Fisch, so dass sich viele diesen nur noch selten leisten können.
Welche Begegnung in Ghana hat Sie besonders beeindruckt?
Besonders beeindruckend war der Tag, an dem ich die Fischer auf ihrer Fahrt begleiten durfte. Ich konnte miterleben, wie wichtig die Erfahrung der Fischer ist. Sie wussten genau, wonach sie Ausschau halten müssen. Das waren kleinste Auffälligkeiten auf der Wasseroberfläche, die ich selbst nicht erkennen konnte. Erst nach knapp elf Stunden hat sich was getan: Da haben sie das Netz zum ersten und zum letzten Mal an diesem Tag ausgeworfen. Mit einer enormen Kraftanstrengung haben die Fischer das Netz nach oben gezogen und dabei rhythmisch gesungen.
Gab es vor Ort auch Dinge, die Ihnen Hoffnung gemacht haben?
Hoffnung macht mir persönlich, dass immer mehr Menschen die Notlage der Fischer erkennen und Möglichkeiten entwickeln, um zu helfen. Ich war mit den Gründern des Projekts »Sea Never Dry« Jens Ole Mayer und Eric Lomo Asala vor Ort, um gemeinsam ein Crowdfunding-Video zu machen. Das Projekt möchte aus alten Fischerbooten Möbel bauen und mit Teilen des Gewinns die Fischercommunity vor Ort stärken. Das sind tolle kleine Projekte, solange sich jedoch auf globaler Ebene nichts ändert, wird sich die Situation weiter verschärfen. Durch die dauerhafte Überfischung durch internationale Fangflotten wird der Fischbestand sich weiter reduzieren. Bis zu 250 Tonnen Fisch am Tag werden auf den hochentwickelten Trawler gefangen und weiterverarbeitet, so viel fischt ein traditioneller Fischer in seinem ganzen Leben nicht.