Jesus loves me

Wir stellen Ihnen jede Woche junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal: Michael Englert, der Menschen bei ihren Begegnungen mit Gott begleitet hat.


Name:
Michael Englert
Geboren: 1981 in Heidelberg
Ausbildung: Studium Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie an der FH Dortmund, derzeit Diplom bei Prof. Susanne Brügger
Website: www.michael-englert.com

Herr Englert, Ihre fotografische Arbeit "Christians", die wir hier vorstellen, porträtiert gläubige Menschen. Wie gläubig sind Sie selber? Und hat sich ihr Glauben verändert, nachdem sie diese Serie gemacht haben?
Ich komme aus einer teilweise sehr religiösen Familie, würde mich aber als Agnostiker bezeichnen. Die Begegnungen mit diesen Menschen und ihren Ansichten hat mich aber weder gläubiger noch atheistischer gemacht. Ich würde mir wünschen, glauben zu können, nicht nur wegen meiner Angst vor dem Tod. Aber vermutlich muss Glauben von innen heraus kommen.

Wie hat sich die Idee zu den Bildern weiterentwickelt?
Ursprünglich hatte ich 2005 für eine Seminararbeit ein paar Priester fotografiert, daraus entstand dann die Idee, auch situative Bilder zu machen, während einer Messe oder einer Taufe. Ich wollte die verschiedensten christlichen Strömungen fotografieren, von den Jesus Freaks bis zu den Katholiken. Aus heutiger Sicht denke ich, dass ich vor allem mit den Gläubigen zusammensein wollte, weil ich ein Bedürfnis hatte, über Gott zu reden, ihn zu suchen. Die Fotos sind dann aus dem Gespräch entstanden.

Meistgelesen diese Woche:

Wer sind diese Menschen und wie haben sie auf Sie reagiert?
Sie sind Glaubensangehörige unterschiedlicher christlicher Gemeinden, Priester evangelischer und katholischer Landeskirchen aber auch Anhänger von Freikirchen, Jesus Freaks, Adventisten und Heilsarmee. Alle berufen sich auf die Bibel - aber haben unterschiedliche Auslegungen. Viele haben sich über die Fotos gefreut, weil das Thema ja medial auch nicht mehr so wahrgenommen wird.

Gab es auch Glaubensrituale, die Sie sonderbar fanden?
Das war 2005, als ich meinen Onkel, einen ehemaliger Pastor einer freikirchlichen Gemeinde, auf eine Rumänien-Reise begleitet habe. Dort wurde eine Suppenküche für die Kinder der in Slums wohnenden Roma und Sinti eingerichtet und gemeinsame Gottesdienste gefeiert. Während einer Messe wurde ich Zeuge eines Rituals namens "Slain in the Spirit", übersetzt etwa: Ruhen im Geist. Dabei legt der Priester den Anwesenden die Hand auf die Stirn, worauf einige die Kraft in den Beinen verlieren, zusammensacken, minutenlang liegenbleiben und angeblich nicht wieder aufstehen können. Manche Kinder haben angefangen zu weinen, wirkten sehr aufgewühlt, es war eine unglaublich emotionale Stimmung. Wie ich später nachgelesen habe, gibt es einige umstrittene Praktiken, vor allem bei evangelikalen Christen, wie zum Beispiel Zungenreden und Heilungsgottesdienste, bei denen angeblich Gliedmaßen nachwachsen.

Die Menschen wirken alle seltsam weich und verklärt, aber nicht wirklich glücklich. Was hat das alles Ihrer Meinung nach mit Glauben zu tun?
"Seltsam weich" finden Sie? Das habe ich bisher noch nicht gehört. Vielleicht wirken die Menschen vor meiner Kamera immer so? Ich habe versucht unvoreingenommen, auch etwas naiv an das Thema ranzugehen, aber dann am Ende vielleicht die etwas verklärteren, skurrileren Bilder ausgewählt. Ich denke, die Wahrnehmung ist sehr subjektiv. Aus meiner Sicht wirken manche Menschen auf den Bildern auch glücklich. In den Gottesdiensten habe ich sie sehr demütig erlebt und finde, Nichtreligiöse könnten an ihrer demütigen Seite arbeiten, sie öfter zeigen. Wenn Sie darauf hinauswollen, dass Gläubige auch nicht glücklicher sind, dann kann ich das zum Teil bestätigen. Aber ich bin mir sicher, dass die meisten insofern glücklicher sind, weil sie leichter sterben, nicht so sehr am Leben festhalten. Das können viele Altenpfleger bestimmt bestätigen, die kennen den Unterschied vom Sterben eines Gläubigen und dem eines Atheisten.