Vom Genuss und vom Tod

Wir stellen Ihnen jede Woche junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal: die Food-Fotografin Manuela Rüther, die zeigt, wie unsere Lieblingswurst früher einmal ausgesehen hat.

Name: Manuela Rüther
Geboren: 20.7.1979 in Höxter bei Paderborn
Ausbildung: Köchin
Website: www.elaruether.de

Frau Rüther, Sie sind Food-Fotografin. In Ihren Bildern zeigen Sie Essen oft in seinem ursprünglichen Zustand, wie die Serie über das Hausschlachten und den peruanischen Fleischmarkt eindrucksvoll beweist. Genuss und Tod liegen da ganz nah beisammen. Woher kommt dieser Zugang zur Fotografie?
Das weiß ich auch nicht so ganz, ich bin gelernte Köchin, alles, was mit Essen zu tun hat, fasziniert mich. Ich mag auch diese gruselige Ästhetik. Wenn alle wegschauen, dann reizt mich es mich besonders, diese Situation in Bild oder Text festzuhalten.

Wollen Sie den Betrachtern Ihrer Bilder dadurch klar machen, woher ihr Steak auf dem Teller eigentlich kommt?
Wenn man etwas isst, sollte man wissen, was man isst und woher es kommt. Der Anblick von toten Tieren bzw. den Teilen von toten Tieren mag ungewohnt oder eklig sein, aber es gehört eben dazu. Das Steak hat nicht immer so ausgesehen, dessen sollte man sich immer bewusst sein. Die Hausschlachtung ist die direkteste Art, an Fleisch zu kommen. Der Brauch ist in Deutschland aber schon fast ausgestorben. Ich wollte das unbedingt noch einmal erleben und habe mir daraufhin eine Hausschlachtung auf einem Bauernhof in Niedersachsen angeschaut. Dort kann man eindrücklich verfolgen, wie die berühmte Eichsfelder  Mettwurst entsteht - von Anfang an. Das hat mich gar nicht geekelt, im Gegensatz zur modernen Großschlachtereien, da wird einem wirklich schlecht. Minderwertiges Fleisch erkennt man übrigens spätestens daran, dass es beim Anbraten stinkt.

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Der Umgang mit Lebensmitteln ist kulturell unterschiedlich. Wie gehen Peruaner im Vergleich zu Deutschen mit ihrem Essen um?
Am Fleischmarkt in Peru ist keine Spur vom Hygienewahnsinn, wie er in unseren Breiten selbstverständlich scheint. Die Menschen haben einen natürlicheren Umgang mit Lebensmitteln. Selbst zu kochen steht an der Tagesordnung, verwertet wird immer das ganze Tier. Die Esskultur in Deutschland scheint mir ein wenig verkopft, ein bisschen weit weg vom Ursprung. Manchmal hat man das Gefühl, dass vor allem viel über das Essen geredet wird, sich aber nur wenige mit der alltäglichen, einfachen Küche für zu Hause auseinandersetzen. Natürlich leben wir lange nicht mehr in einer bäuerlichen Gesellschaft, in der grundlegendes Wissen innerhalb der Großfamilie automatisch weitergegeben wird. Heute kaufen wir unser Essen "küchenfertig" im Supermarkt. An vielen Tagen bleibt einfach keine Zeit selbst zu kochen.

Ist Ihnen der Appetit auf Fleisch noch nie vergangen?
Nein. Es kommt auf die Qualität an. Auf ein langsam geschmortes Stück Rinderschulter möchte ich auf keinen Fall verzichten.

Sie wurden als Köchin ausgebildet, jetzt fotografieren und schreiben Sie. Zufall oder Plan?
Ich hatte schon früher so eine Idee, das alles zu verbinden. Es war immer klar, dass es nach einigen Jahren in der Küche weiter gehen würde. Als logische Folge sah ich den Food-Journalismus. Ich habe ein Praktikum beim Feinschmecker absolviert und später mein langjähriges Hobby zu einem Teil meines Berufs gemacht. Heute mache ich einerseits Reportagebilder, andererseits koche ich meine Rezepte und ich fotografiere.
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Haben Sie schon Ideen für weitere Projekte?
Ich arbeite an einem Langzeitprojekt über Jagd und Jäger. Diese Welt finde ich sehr interessant, oft entspricht sie so gar nicht dem dunkelgrünen Klischee.