Es war ein Sommer von fast erster Qualität, hier in München. Oft Hitze bis nachts um eins und ab morgens um acht schon wieder, Sonnenmilchschlieren auf dem See, das Schwimmen brachte kaum noch Abkühlung und eisgekühlter Wassermelonensaft war das Getränk der Stunde. Das ewige Grillen im Bikini hat irgendwann ein bisschen genervt, aber mein Gott, der Sommer macht großzügig. Es ist der Winter, die Kälte und die Dunkelheit, die einen klein machen, das Hirn, das Herz, das halbe Leben.
Es war auch ein merkwürdiger Sommer. Einer, in dem dauernd über den Sommer geschrieben wurde, der Sommer als großes Ereignis, seitenlang im Spiegel, historisch aufgeputscht, und in Online-Kolumnen wurde dem Sommergefühl der Kindheit nachgehorcht. Vielleicht, weil der Sommer die Wahrheit bringt, der Winter den Kitsch. Mit all den trügerischen Erinnerungen an ewige Schlittenfahrten und riesige Schneeburgen, an eisige Zehen und Finger, die bei heißer Schokolade vor dem Ofen wieder aufgetaut wurden; dann kamen auch noch der Nikolaus durch die Kälte und bumperte an die Tür und das Christkind mit seinen Engeln schmückte nachts heimlich den Christbaum.
Der Sommer braucht keine überhöhten Bilder, wenn er heiß ist, ist er Sensation genug, bedeutet Luxus, die Sonne vom Schatten aus zu grüßen. Wenn irgendwann nicht nur die Haut heiß ist, sondern der ganze Körper, wenn man nachts die Decke zurückschlägt, um ein wenig Kühle zu erhaschen, dann ist Juli und dann August. Und besser wird das Leben nie sein. Im Sommer werden Regeln neu geschrieben, die heißen, alles, was im Herbst und Winter unmöglich ist, wird neu verhandelt.
Das Schönste am Frühling ist, dass der Sommer noch kommt. Aber was kommt nach dem Sommer? Ein goldener Oktober, was für ein erbärmlicher Trost. Ein gemütlicher November? Eine große Lüge. Vielleicht helfen diese Gedanken all jenen weiter, die in diesem Sommer im Norden gelebt, darum selten erfahren haben, wie hell und heiß die Sonne sein kann, und hoffen müssen, dass es im nächsten Jahr besser wird, bitte!
Einen einzigen Moment gibt es, da kann der Herbst so etwas wie ein Freund sein: Dann, wen man nach Monaten zum ersten Mal wieder den warmen Pulli anzieht. Das hat was. Und dann ist es schon vorbei. Es kann ruhig melodramatisch klingen: Jetzt heißt es durchhalten. Irgendwie.