Reaktionen zu "Leben wir in einem ungerechten Land?"

Unser Autor Bastian Obermayer ist durch Deutschland gereist und der Frage nachgegangen: Wie steht es eigentlich wirklich um die Gerechtigkeit in unserem Land? Hier können Sie die Reaktionen der Leser zu diesem Thema lesen.

    Hallo Herr Obermayer,

    Nachdem ich heute Ihre Reportage im SZ Magazin von letztem Freitag gelesen habe, beschloss ich, Ihnen persönlich für diesen Artikel zu danken. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen derart langen Bericht gelesen habe, der mich so sehr fesselte, dass ich mir der Länge nicht bewusst wurde.
    Neben diesem Lob will ich Sie nun auch etwas fragen, und ich würde mich freuen, wenn Sie Zeit für eine kurze Antwort fänden.

    Ich bin 18 Jahre alt, alle Wege stehen offen, aber anstelle von Vorfreude auf all das, was da kommt, verspüre ich Hilflosigkeit.
    Ich lese Ihre Reportage und ich will etwas an der Ungerechtigkeit ändern. Ich will einen Beruf finden, in dem ich die Menschen aufwecken kann von ihrer Faulheit und ihrem Egoismus, in dem ich in Menschen Mitgefühl erwecken kann, sodass deren Sozialbewusstsein einschaltet, in dem ich meine Ideale leben kann, ohne dass diese ständig im Konflikt mit jemandes Eigeninteresse stehen. Welchen Beruf soll ich also wählen?
    Als Politiker trifft man unwichtige Entscheidungen über wichtige Fragen, weil große Veränderungen vom eigenen Egoismus oder von anderen Egoisten unmöglich gemacht werden. Als Chef einer Bank könnte man moralisch richtig handeln und etwas verändern, zum Beispiel indem man auf ein Millionengehalt verzichtet. Auf dem Weg zu dieser Position jedoch, lernt man, egoistisch zu sein, und es scheint naheliegend, dass man sich von jeglichen Idealen trennt und als Egoist aus der Schulung hervorgeht. Als Arzt oder Lehrer hat man großen Einfluss über eine weniger große Anzahl von Menschen, und diese Flucht vor der Verantwortung, die Ungerechitkeiten in unserem Gesellschaftssystem zu bekämpfen, scheint mir auch egoistisch.
    Sicherlich ist diese Auswahl von Berufen weit von Vollständigkeit entfernt, aber ich finde, die dargestellten Berufe repräsentieren drei große Einheiten: Die Einheit, die offiziell entscheidet, die Einheit, die normalerweise den größten Einfluss auf die erste Einheit ausübt, und die Einheit die den Entscheidungen der ersten Einheit unterliegt und fast keinen Einfluss auf die erste Einheit hat. Letztere hat die größte Freiheit, da die Entscheidungen immer auf sehr persönlicher Ebene gefällt werden, wobei sich diese Entscheidungen jedoch als nicht sehr weitreichend herausstellen.
    Meine Einteilung aller Berufe in drei Einheiten ist eine Verallgemeinerung und ich weiß, dass man so nicht jegliche Berufe und vor allem die individuelle Ausübung aller Berufe zusammenfassen kann. Sicherlich gibt es einflussreiche und vor allem unbestechliche Politiker, ebenso wie moralisch aufrichtige Unternehmer, die ihren Angestellten ein gerechtes Gehalt bezahlen, und nicht jeder Manager oder Chef einer Bank muss ein rücksichtsloser Egoist sein. Auch Lehrer sind nicht immer gut und ich habe schon im Kindergarten bemerkt, dass einige "Autoritätspersonen" einem nur Obrigkeitsgehorsam beibringen wollen. Irgendwie muss ich allerdings vorgehen, um eine Richtung zu finden, in die ich guten Gewissens steuern kann, und die Verallgemeinerung ist eine Darstellung meiner Haupteindrücke der erwähnten Berufe.
    Bleibt der Beruf des Journalisten. Einflussreich? Sicherlich, wie man es an meiner Reaktion auf Ihren Artikel merkt. Egoistisch? Ich weiß nicht, wie viel sie verdienen, aber ich habe bisher noch nicht davon gehört, dass ein Journalist seine Millionenrente einklagen will. Korrumpierbar? In gewisser Hinsicht sicherlich, da man ja irgendwie entscheiden muss, was berichtenswert ist.
    Was ist denn berichtenswert? Das Schicksal eines Dorfes im Bürgerkrieg in Afrika, die Situation der Obdachlosen in Deutschlands Großstädten, oder der Tod eines Demonstranten im Iran? Letztendlich steht alles in der Zeitung, aber wie entscheiden Sie, worüber Sie eine zehnseitige Reportage schreiben?
    Das wäre wohl der einzige Zwiespalt, den ich in Ihrem Beruf sehe und ich bin mir sicher, Sie können sich da ohne weiteres verteidigen und meine Zweifel im Nu zerschlagen. Und machen Sie sich keine Sorgen, ich werde auch bei einer guten Antwort nicht blindlings ein Studium als Journalist beginnen, ich interessiere mich lediglich für Ihre Antwort.

    Meistgelesen diese Woche:

    Vielen Dank für Ihre Zeit

    Leserbrief von Fritzi W. ---------------------

    Sehr geehrte Damen und Herren!

    Ich möchte zu dem großen und langen Artikel als nun 69 Jähriger doch einiges klarstellen oder aus der Vergangeheit den heutigen jüngeren Menschen mitteilen.

    a) Milchpreis: Der war 1953, als ich 13 a war bei 34 Pfennig, alos nach heutiger Rechnung in € ca. 17 Ct. Nur sind inzwischen 55 Jahre vergangen.
    Da finde ich, dass es absolut ungerecht ist, einem Landwirt nur 20 Ct. zu geben.

    Mein friseur hat 1954 ca. 1,20 DM gekostet. Wenn ich nciht zum Türken gehe bezahle ich heute 18 € = 36 DM also das 30-fache.

    Nennen sie mir einen Milchbauern, und ich werde ihm für den täglichen Liter Milch, den ich seit Jahren verzehre hinfort 15 - 30 € monatlich abdrücken, damit es etwas gerechter zugeht. Ich verstehe ALDI und Tenelmann nciht, warum man sich nciht vernünftigerweise auf einen höheren Milchverkaufspreis einigt.

    b) Stundenlohn: Es ist wirklich eine Schande, heute Menschen für 3 - 6 € pro Stunde arbeiten zu lassen und da auch noch von Gerechtigkeit zu sprechen.

    Ich habe als junger Ingenieur mit 26 Jahren 1966 in der BASF (Großchemie) als Betreibsassistent gearbeitet und einen Stundenlohn von 7 DM = 3,50 € gehabt, d.h. 1200 DM bei 172 h pro Monat. Ein Arbeiter verdiente damals im Schichtdienst ca. 5 DM also 2,50 €. Inwzischen sind 40 Jahre vergangen und allein deshalb sind die heutigen Niedriglöhen absolut unanständig.

    Es herrscht eben stets der Eindruck bei den 'Oberern', dass sie ja so unendlich gut und unendlich besser seien, als die da 'unten', also auch unendlich mehr freies Geld beziehen müssen; deshalb die Schere in der Vergütung!

    c) Chancen des Verdiensts:

    Es wird immer so getan, als ob derjenige der mehr Gehalt oder Honorar am Ende des Monats einstreicht auch mehr arbeitet, mehr leistet oder mehr Verantwortung übernommen hat. Das stimmt sehr häufig nicht.

    Nehmen wir mal einen Notar der bekommt für eine Stunde Arbeit an meinem Grundstücksvertrag vor 20 Jahren 1600 DM = 800 Euro und tut so, als ob er was besonderes leistet. Nein, der Staat schustert seinen Juristen, die den Staat in ihren Klauen haben ein besonders hohes Honorar zu, mit der Begründung der Notar müsse ehrlich und auf Interessenausgleich aus sein.

    Nur ich als angestellter Ingenieur und viel andere Arbeitenden müssen sich und gegenüber Kunden auch absolut anständig in ihrer Firma aufführen. Das sollte doch selbstverständlich sein!

    Ich habe mich für die Chemie aus wahnsinnigem naturwissenschaftlichem Interesse entschieden, d.h. ich habe Stunde für Stunde als mittlerer Angestellter verantwortlich für ein mittleres Gehalt gearbeitet, besitze heute weder Haus noch Eigentumswohnung bei mittlerer Rente.

    Wenn ich aber als junger Mensch überlege, wo kann ich am meisten für meine Tätigkeit bekommen, dann muss ich BWL, Bankwesen oder Juristerei studieren oder ein Handwerk ausüben, wo ich den Staat, sprich die Allgemeinheit ausnehmen kann, z.B. Banker, Subventionsbetrüger oder im Handwerk gibt es auch viele Möglichkeiten die Steuer zu verkürzen, die der Angestellte und der Arbeiter nicht hat. Letztere geben ihre Cleverness, den Staat um seinen Anteil zu bringen als ihre Leistung heraus. Ist das wirklich eine Leistung?

    Da ist die FDP ja ganz groß, was die alles als Leistung ihrer Klientel angibt, beruht eben nur auf Cleverness gegenüber den lohnabhängigen Berufen, häufig nicht auf echter Leistung!

    Leserbrief von Rüdiger E.

    ---------------------

    Gedankenexperiment - 100% aller Abiturienten des Jahrgangs 2009 wollen in 5-10 Jahren Intendant des Berliner Ensembles werden. Warum? Weil sie auf Staatskosten eine Alimentation eines links denkenden bzw. sich artikulierenden Lebens mit einem in der realen Welt durch den Steuerzahler finanzierten Lebensstil mit einem an der Untergrenze geschätzten Jahreseinkommen von 200.000 EURO eines Klaus Peymann verbinden können. Das Bekenntnis eines bekennenden Linken wirkt leider nur so glaubwürdig wie sein tatsächliches Verhalten - und dort bekommt er seine Appanage unabhänig davon, ob im Zuschauerraum eine oder 500 Personen sitzen. Oder anders ausgedrückt: hier bin ich - zahlt mich dafür! Wie wagemutig für einen Altachtundsechziger, der dem deutschen Establishment - teilweise zu Recht - so manches vorhält. Oder noch banaler und trotzdem richtig: ohne einen unabhängig von seiner Leistung rundum versorgten Peymann könnte sich Berlin ca. 1.000 EURO Hartz-4 für 200 Bedürftige pro Jahr mehr leisten.
    Wo ist hier der Mut des bekennenden Linken? Wenn alles im Berliner Ensemble so richtig gut läuft, bedarf es nicht der helfenden - oder sollte man sagen - pampernden Hand des viel beschimpften Staats. Dann würden ja aufgrund der Excellence und Einzigartigkeit die Zuschauer das Berliner Ensemble nur so stürmen und finanzieren und ein Herr Peymann könnte auch ohne staatliche Subventionen gut leben. Links reden - rechts leben. Noch immer en vogue unter Deutschlands selbst ernannten Pseudo-Intellektuellen. Enschuldigung, aber ein Herr Peymann dient nun wirklich nicht als Musterbeispiel des nach Gerechtigkeit Strebenden. Werden die Beschäftigten des Berliner Ensembles übrigens weit über Tarif bezahlt, wie in weiten Teilen der deutschen Industrie üblich? Auch das wäre ein Thema, das sich zu diskutieren lohnte.

    Leserbrief von Stephan G.

    ---------------------

    Ich protestiere gegen diesen Artikel über die angebliche soziale Ungerechtigkeit! Gewohnt, in der wöchentlichen Laifstail-Beilage mich in das höhere kostenträchtige Leben einzufühlen, meinen Sadismus an den Grimassen der Prominenten zu befriedigen und mein Gewissen mit christlich protestantischen Sprüchen stillzustellen, muss ich nun erleben, dass dort tatsächlich behauptet wird, es ginge im schönen Lande Deutschland ungerecht zu! Sowas! Und diese ekligen Bilder! Bettler und Straßenreiniger! Mein Weltbild wird ja erschüttert! Dem Rentner Lebeck sollte die Berufslizenz entzogen werden! Um größeren Schaden abzuwenden, muss unbedingt ein Golf-Heft folgen, damit ich und die diskriminierte Minderheit der Reichen und ihrer Agenten von Bolz bis Henkel sich wieder den teuren schönen Dingen widmen können!

    Leserbrief von Rüdiger S.
    ---------------------

    Ganz großes Lob an den Autor des Artikels über Gerechtigkeit in Deutschland aus dem Magazin vom letzten Freitag. Das war eines der besten Artikel seit langem und hat mir sehr gut gefallen. Er hat viele verschiedene Ansichten gezeigt und war auch mal wieder ein Artikel mit Fakten, der etwas ausgesagt hat und man noch was gelernt hat. Auch war er sehr objektiv, was nicht immer einfach ist.

    Einen Vorschlag für ein Thema, dass Sie evtl. bei Lust mal bearbeiten
    könnten, hätte ich auch. Ich war die Woche in einem Vortrag von Herrn Dr.
    Michael Blume, der als Religions- und Politikwissenschaftler aktiv ist. Er
    untersucht Religiosität und geht mit wissenschaftlichem Interesse an das
    Thema Religion, ist Religiosität vererbbar, warum entstand Religion warum
    hat es sich in der Evolution durchgesetzt etc. War ebenfalls sehr
    beeindruckend und wäre meiner Meinung nach ein schönes Thema für das
    Magazin.

    Viele Grüße und bitte mehr solcher Artikel!!

    Leserbrief von Heike S.

    ---------------------

    Herr Obermayer,
    Ihre Reportage über Gerechtigkeit in Deutschland hat mich sehr gefreut.
    Passt gut zum SZ-Magazin, nachdem im Wirtschaftsteil der SZ fast nichts Lesenswertes mehr steht. Besonders hat mir auch das Gerechtigkeitsempfinden des Herrn Hans-Olaf Henkel gefallen.

    "Dass zehn Prozent der deutschen Steuerzahler 53 Prozent der Steuern zahlen. Das ist ungerecht."
    Das ist nun nicht nur unrichtig, sondern auch grober Unsinn.

    Erstens zahlen nicht 10% der Steuerzahler 53% der Steuern - sonst würden ja 100% der Steuerzahler 530% der Steuern zahlen. Richtig ist, dass die 10% der Steuerzahler, die das höchste zu versteuernde Einkommen haben, zusammen 53% der Einkommensteuern zahlen.
    Aber selbst dies ist nicht ungerecht, sondern gar nicht anders möglich, wenn es für untere Einkommen eine Freibetragsgrenze gibt und vor allem die zu versteuernden Einkommen nicht gleichmäßig über alle verteilt sind. Schon mal was von ABC Analyse gehört, Herr Henkel? Früher bei IBM?

    Oder noch einfacher: Wenn in Nigeria nur 10% der Steuerzahler überhaupt ein steuerpflichtiges Einkommen haben und dann tatsächlich 100% der Einkommmensteuer bezahlen, ist das auch ungerecht?
    Oder: Wenn in Deutschland 10% der Steuerzahler 60% des steuerpflichtigen Einkommens hätten und 53% der Einkommensteuern zahlen würden, wäre das auch ungerecht?
    Oder: Wenn diejenigen 20%, deren Einkommen unter dem Freibetrag liegt, keine Einkommensteuer bezahlen, ist das auch ungerecht?

    Deshalb darf Herr Henkel wohl in Talkshows seine Weisheiten verkünden, weil diese Sprüche zwar für Talkshows passen, aber sonst ziemlicher Unsinn sind.

    Mit freundlichem Gruß.

    Leserbrief von Helmuth C.

    ---------------------

    Antwort von Hans-Olaf Henkel auf Mail von Herrn C. (siehe oben)

    Sehr geehrter Herr Helmuth C.,
    Ihre Nachricht an Herrn Obermayer erinnert mich daran, wie bei uns oft auf Fakten reagiert wird, die nicht in das jeweilige Weltbild - oder sagen wir doch ehrlicherweise gleich: Ideologie - passen:

    Wenn die Tatsachen nicht mehr geleugnet werden können, werden sie zunächst für irrelevant erklärt. Sollte das nicht verfangen, werden Nebelkerzen geworfen, um von den das eigene Weltbild untergrabenden Daten abzulenken. Hilft das auch nicht, wird die dritte Stufe gezündet und das Gegenüber persönlich verunglimpft. Dieses Muster habe ich in vielen Begegnungen, sei es als Präsident des BDI, sei es als Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, besonders bei öffentlichen Auseinandersetzungen mit Sozialpolitikern, Bildungsideologen, linken Wirtschaftspolitikern und einigen wenigen „alternativen" Wirtschaftswissenschaftlern immer wieder erfahren müssen.

    Mit Ihrem Brief an Herrn Obermayer fällt jedoch Ihnen, Herr  Coqui, das Verdienst zu, sich gar nicht erst mit der oben erwähnten Reihenfolge aufgehalten zu haben. Sie haben gleich auf einmal abgestritten, vernebelt und mich dann auch vorsorglich verunglimpft.

    Dass sich meine Aussage auf die „oberen 10 Prozent" bezieht, ist sicher den meisten unvoreingenommenen Lesern klar gewesen; sicher auch Herrn Obermayer selbst, denn sonst hätte er mir diese Aussage zur Korrektur empfohlen. Auch Ihnen natürlich, aber Sie wollten ja nun unbedingt von der Brisanz dieser Tatsache ablenken und dazu haben Sie sich eines unanständigen Tricks bedient; nach dem Motto: „Der Zweck (die Fakten für „unsinnig" zu erklären) heiligt die Mittel".

    Ihr Beispiel von Nigeria ist dann die klassische Nebelkerze. Ich sprach von Deutschland. Im Jahre 2007 (die Zahlen für 2008 liegen mir nicht vor), zahlten die deutschen Steuerpflichtigen 196 Milliarden Euro an Lohn- und Einkommensteuern. Dabei schultert das oberste Zehntel 53,1 Prozent aller Einkommensbezieher. Zu diesem Ergebnis trägt nicht zuletzt die Reichensteuer bei. Der Progressionseffekt - jeder Euro mehr an Einkommen wird mit einem höheren Steuersatz belegt - sorgt dafür, dass der Fiskus nun auch schon bei Beziehern mittlerer Einkommen von mehr als 41.000 Euro im Jahr vermehrt zugreift. Dies halten immer mehr für ungerecht.

    Ihr Hinweis auf die von mir („früher bei IBM")  „schon vergessene ABC-Analyse" soll dann noch einmal zweierlei bewirken: es soll der Eindruck entstehen, dass eine solche Lastenverteilung sozusagen mathematisch normal ist (sie war es früher nicht und sie ist es in den meisten anderen OECD-Ländern auch nicht), vor allem aber soll ich als vergesslicher Trottel dargestellt werden.

    Sehr geehrter Herr Coqui, Sie sollten sich für Ihren Brief schämen, aber ich bin sicher, Sie sind noch stolz darauf. Verschonen Sie mich in Zukunft bitte mit weiteren Nachrichten.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Ihr Hans-Olaf Henkel

    ---------------------

    Der ausgezeichnete Artikel "Leben wir in einem ungerechten Land?" verdient einen zweiten Teil. Während bisher im wesentlichen die "soziale
    Gerechtigkeit" beleuchtet wurde, sollte auch die "formale" mal näher
    untersucht werden.

    Leserbrief von Michael W.

    ---------------------

    Sehr geehrter Herr Obermayer,
    ich bin Lehrerin an einer Hauptschule in einem sozialen Brennpunktviertel, ehrenamtlich arbeite ich bei einer "Tafel" mit. Und ich kann Ihrem Beitrag: Setzen, Sechs! Keine Bildung - keine Chance nur zustimmen. Ein Beispiel vom vergangenen Freitag: Weil der Vater einer türkischen Familie seit sechs Monaten Kurzarbeit hat, wird das jüngste Kind aus dem Kindergarten abgemeldet. Unser dreigliedriges Schulsystem verbaut so viele Chancen. Erst teilt man die Schüler auf drei Schularten auf, sechs oder acht Jahre später kommen sie in der Berufs- oder Fachoberschule wieder zusammen! Danke für den aufschlussreichen Artikel

    Leserbrief von Hilde A.

    ---------------------

    Mein Kompliment für die fantastische Reportage von Obermayer/Lebeck. Gut recherchiert, ausgewogen geschrieben, ohne eine klare, eindeutige Position aufzugeben. Das ist Journalismus. Mit Dank und Anerkennung

    Leserbrief von Dipl.-Psych. Eberhard G.

    ---------------------

    (Weitere Reaktionen finden Sie auf der nächsten Seite.)

    Um es relativ kurz, dafür aber eingängig und verständlich auszusprechen: Wir sind, in Deutschland, mit Sicherheit kein gerechtes Land.
    Lassen wir einige wichtige Fakten sprechen:
    1) wir haben keinerlei Gleichheit aller vor dem Gesetz. Normalbürger werden relativ hart angefasst, bei Gesetzesverstössen, bei Leuten wie Zumwinkel wird das Gesetz durch Verwaltung und Justiz "vergewaltigt".
    2) Bestimmte Minderheiten geniessen einträgliche Privilegien. Die Privilegien kleiner, aber einflußreicher Minderheiten, sind die Sonderopfer/Mehrbelastungen der Bevölkerungsmehrheit.
    3) Bestimmte Berufsgruppen/Branchen werden seit Generationen vom Staat gepäppelt. Beispiel Bauern.
    4) Die christl. Großkirchen erhalten von öffentlichen Händen pro Jahr ca. 20 Mrd EURO Staatsknete. Auch die "Ungläubigen" (Menschen ohne Konfession, in D. ca. 31 Mio.) müssen das mitfinanzieren!
    5) Diejenigen Banker in Deutschland, die uns diese Mega-Krise einbrockten, wurden und werden (???) nicht angemessen zur Rechenschaft gezogen. Alles andere als gerecht!!
    6) Kinder aus ärmeren Elternhäusern werden durch unser "System" nicht, zumindest weit entfernt von "ausreichend", gefördert.
    7) Zum Schluß eine Gewissensfrage an alle, die von Politik und Geschichte etwas "verstehen": Wäre das deutsche Volk, nach 1945,
    in der Lage gewesen, das was die Alliierten in Nürnberg taten, selbst zu tun?
    Wer daran glauben würde, wäre wirklich arm im Geiste!

    Kommentar auf www.sz-magazin.de von Klaus G.

    ---------------------

    Das Problem ist die Verbindlichkeit.

    Der Kern des Problems ist die bislang einseitige Regelung von Verbindlichkeit. Verbindlich geregelt ist heute mehrheitlich nur die Welt von der Mitte der Gesellschaft an abwärts. Wer da daneben haut, und wenn es nur eine Marginalie betrifft, ist ratzfatz weg vom Fenster.

    Oberhalb der Mitte werden die Dinge nicht so eng gesehen. Dort bleiben sogar Verhalten ungeahndet, die nicht nur den Arbeitsplatz oder das unmittelbare Umfeld negativ betreffen, sondern ganze Unternehmen oder Strukturen in Mitleidenschaft ziehen.

    Antisoziales Verhalten ist überall gesellschaftsfähig geworden (alles andere gilt mittlerweile als naiv), hat aber, je nach Einkommens- und Beschäftigungsebene, ganz unterschiedliche Konsequenzen. Dass der demoralisierte Teil der Gesellschaft sich ständig vergrössert, sollte uns nicht wirklich wundern.

    Kommentar auf www.sz-magazin.de von Ton K.

    ---------------------

    Gerecht wäre, jedem Mensch ein würdiges Leben zu ermöglichen.
    Wenn man es am Geld festmachen will, könnte das heißen: Einführung einer negativen Einkommenssteuer in Verbindung mit einem Mindestlohn.
    Man würde vielleicht einigen "Helden" des Kapitalismus die Genugtuung nehmen Menschen für 3 Euro 30 für sich arbeiten zu lassen, aber der Gerechtigkeit und der Würde der Menschen könnte sicherlich in vielen Fällen auf die Sprünge geholfen werden.

    Kommentar auf www.sz-magazin.de von SCHRAUBE M6

    ---------------------

    Schön, dass diese Frage nach der Gerechtigkeit endlich mal aufgegriffen wird.

    Deutschland ist ungerechter geworden, weil die Chancen schlechter verteilt sind. Wer in der Generation unserer Eltern (also Jahrgang 1935 - 1950) die Schule mit Mittlerer Reife verließ, hatte bei Banken oder im Öffentlichen Dienst alle Chancen. Heute bekommt man bei der Sparkasse nur noch mit Abi einen Ausbildungsplatz und auch die Bayerische Polizei will bald nur noch Anwärter mit Abitur. Der Grund: Unsere Gesellschaft wird immer komplexer, auch Streifenpolizisten müssen juristisch beschlagen sein, Bankanstellte die Weltwirtschaft durchschauen.
    Diese Entwicklung bedeutet aber, dass die Berufschancen für Nicht-Abiturienten zunehmend schlechter werden. Höhere Laufbahnen und damit gute Gehälter? Fehlanzeige! Wer früher nach oben alle Chancen hatte, bleibt heute unten abgehängt...
    Wie man dies ändern sollte, weiß ich leider auch nicht. Was ich aber weiß ist, dass unser Bildungssystem bundesweit hoffnungslos hinterher hinkt. Zwei Punkte, neben den im Artikel genannten völlig richtigen Ansätzen: 1. Es muss bundesweit einheitlich werden! 2. Lehrpläne sollten dringend aktualisiert werden. Kinder schreiben heute Schularbeiten über den Fußabdruck des Archeoptheryx oder andere Nettigkeiten, die sie im Leben nie mehr brauchen.

    Kommentar auf www.sz-magazin.de von Elke H.

    ---------------------

    Sehr, sehr guter Artikel, habe ich gerne gelesen.
    Die Entwicklung der Gegensätze, (Einkommen, Vermögen) nicht zu Tode differenziert, intelligent und auch mit Mitgefühl geschrieben - vielen Dank.
    Brisant die These von N. Bolz - der traut sich was!
    2 Sachen hätte ich nur ganz gerne gewusst:
    Was IST überhaupt "Gerechtigkeit" (Gauß´sche Normalverteilung?) und -
    Wie geht man bei der bestehenden Umverteilung (10% zahlen 53% der Steuern) mit der "gefühlten Ungerechtigkeit" um? Oder ins Gericht?

    Kommentar auf www.sz-magazin.de von Thomas F.

    ---------------------

    Immer mehr Journalisten arbeiten sich an diesem Thema ab, in diesem Fall mit besonders umfangreicher Recherche und besonders zahlreichen Gesprächspartnern. Warum redet denn bitte keiner dieser Schreiber und Sprecher wenigstens in einem Nebensatz über das derzeit spannendste Konzept gegen Artmut, Hartz IV und Ungerechtigkeit? Ich fordere jede/n Leser/in und die gesamte Redaktion auf, sich endlich einmal mit diesem seriösen und parteiübergreifenden Konzept auseinanderzusetzen: Die Rede ist vom BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN! - Hier liegt eine gewaltige Chance für uns alle, für Arme und Reiche, für Sozialisten und Kapitalisten. Und für den Frieden der Gesellschaft.

    Kommentar auf www.sz-magazin.de von Max S.

    ---------------------

    Gerechtigkeit fängt schon mit dem ungehinderten Zugang zum Recht an. Und der ist in diesem Rechtsystem schon nicht gewährleistet, weil
    er an Geld gebunden ist. Allein für eine Rechtsberatung bei einem
    Anwalt sind schon mehrere 100 € nötig. Wer sie nicht aufbringen kann, hat schon das erste fast unüberwindbare Problem.
    Man kann vom Rechtssystem der untergegangenen DDR halten, was
    man will, Rechtsauskünfte bei Gericht oder Staatsanwaltschaft waren
    kostenlos für jeden.
    Und es gab, wenn man es auch manchmal nicht wahrhaben möchte,
    eine ganze Menge Gesetze.
    Und wer sich nach einer solchen Beratung nicht für den Gang zum
    Gericht entschied, hatte noch nichts verloren.
    Ein weiteres Problem she ich in der Rechtsmittelbeschränkung z.B. im Zvilrecht, gebunden an des Streitwert. So wird die personelle
    Unterbesetzung in der Justiz auf den Schultern der Rechtsuchenden
    abgeladen.
    Letztlich kann man sich auch des Eindrucks schwer erwehren, dass
    bei Eigentumsdelikten mit zweierlei Maß gemessen wird. Dem kleinen
    Gauner wird das letzte Hemd ausgezogen, der grosse kauft sich mit
    einer symbolischen Spende frei.
    Und das letztlich deutlichste Zeichen für Ungerechtigkeit ist der nun
    beschlossene Deal.
    Die schlimmste Gefahr, die ich darin sehe, ist dass die Qualität von
    Ermittlungsarbeit bei Straftaten noch schlechter wird, als sie schon ist. Ich verstehe z.B. die übertriebene Fixierung auf das Geständnis des Täters überhaupt nicht. Was nicht heisst, dass ein Geständnis nicht bei der Strafzumessung berücksichtigt werden soll.
    Aber ein Geständnis taugt absolut nichts, wenn es nicht durch Beweise abgesichert ist. Andererseits bedarf es des Geständnisses dann nicht, wenn die Beweise ordentlich gesichert werden.
    Abschliessend zum Thema Gerechtigkeit ein Spruch, der wohl immer
    gilt: Das Gesetz ist ein Netz von Maschen um die Gauner zu erhaschen. Durch die weiten schlüpfen die Gescheiten, in den engen
    bleiben die Dummen hängen.

    Kommentar auf www.sz-magazin.de von Reinhard E.