Hüten werde ich mich, Ihnen Ratschläge in Liebesdingen zu geben. Wie Sie sich da verhalten, was Sie tun und lassen sollen, fragen Sie bitte andere. Wenn Sie jedoch wissen wollen, was ich von Ihrer Forderung als solcher halte, antworte ich gern: wenig!
Zunächst könnte man fragen, warum für Sie ein Aussprechen mehr bedeutet als das Erspüren oder gar Handlungen, obwohl doch Letztere verlässlichere Zeichen sind als Schall und Rauch. Und dies leitet über zu einem noch zentraleren Thema: der Sicherheit, die Sie wünschen und durch die Liebesbeteuerung zu erlangen meinen. Diese scheint mir per se trügerisch. Mit die schönsten Texte über die Liebe finden sich in Platons Symposion. Bei diesem Trinkgelage lässt Platon die Gäste über Eros, den Gott der Liebe, sprechen und dabei einen der Gäste, Pausanias, bemerken, was es mit den Schwüren des Liebenden auf sich habe: Anders als sonst der Eidesbrecher finde er Verzeihung bei den Göttern, »wenn er geschworen hat und den Eid bricht, denn ein Liebesschwur, so heißt es, sei kein Schwur.«
Platon meint damit sicherlich nicht, der Liebende dürfe jederzeit falsche Eide schwören oder eben wahrheitswidrig »Ich liebe dich« beteuern. Nur hatte der Philosoph erkannt, dass jede Aussage über die Liebe nur für den Augenblick gelten kann, in dem sie getroffen wird. Gefühle sind nun einmal kein Muskel, der willentlich zu beherrschen wäre. Sie können sich verändern. Sicherheit auf diesem Gebiet lässt sich also nie erlangen, am allerwenigsten über Worte.
Man kann ohnehin streiten, ob »Ich liebe dich« nicht eine abgegriffene Phrase darstellt. Dem ließe sich entgegnen, dass dieser Satz, egal, wie oft und wo er verwendet wird, sich nie verbraucht. Aber eines scheint mir klar: Geäußert, nur um eine Forderung zu erfüllen, hat er jedenfalls keinen echten Wert.
Illustration: Jens Bonnke