»Als unser Sohn zur Welt kam, dachten wir gleich an einen guten alten Freund als Patenonkel. Allerdings sahen wir uns nicht mehr so oft, und als ich ihn endlich fragte, war seine Reaktion zwar nicht negativ, aber auch nicht freudestrahlend. Nun bin ich mir nicht mehr sicher, ob er der richtige Patenonkel ist. Kann ich die Frage zurückziehen?« Jan G., Bremen
Über die Funktion des Paten gibt es unterschiedliche Auffassungen. Aus kirchlicher Sicht – es geht ja zumindest ursprünglich um das Amt des Taufpaten – soll der Pate das Kind auf seinem Weg zum und im Glauben begleiten. Also ein überwiegend religiöses Amt, das seinen Ursprung aus der im Urchristentum üblichen Erwachsenentaufe hat, bei der man jemanden brauchte, der den Täufling an das Leben in der Gemeinde heranführte und als Bürge für die Person und deren ernsthaften Glauben auftrat. Traditionell galt früher auch, dass der Pate das Kind im Falle des Todes der Eltern zu sich nimmt und aufzieht.
Heutzutage ist das alles meist in den Hintergrund getreten, und die Patenschaft, wenn sie nicht ausschließlich als Tradition oder sentimental gesehen wird, dient häufig eher als Mittel, mit dem Eltern ihre Kinder – und damit indirekt auch sich selbst – stärker in ihren Freundes- oder Verwandtenkreis integrieren können. Und sei es nur, um einen zusätzlichen potenziellen Babysitter zu bekommen. Aber auch wenn die Bedeutung der Patenschaft damit massiv abgenommen hat, beinhaltet jede Patenschaft dennoch eine Bindung an das Patenkind, sie bleibt in ihrem Wesensgehalt so etwas wie eine kleine Variante der Elternschaft, eine Elternschaft light. Deshalb sollte man die Paten sorgfältig auswählen, und die sollten sich die Übernahme ebenso sorgfältig überlegen. Und so wie ein angefragter Pate ablehnen kann und soll, wenn er oder sie nicht mit vollem Herzen dabei ist, können die Eltern die Anfrage zurückziehen, wenn sie ihre Meinung ändern oder das Gefühl haben, auf zu wenig Gegenliebe gestoßen zu sein. In beiden Fällen steht an erster Stelle ein offenes Gespräch, aber danach sollte eine Absage jeweils ohne Groll möglich sein. Zudem scheint mir das besser als eine Patenschaft mit inneren Vorbehalten, gleich von welcher Seite.
Literatur:
Anmerkungen:
Streng genommen ist die Patenschaft sogar fester als die Elternschaft. Während eine Adoption das rechtliche Band zwischen dem bisherigen Elternteil und dem Kind durchtrennt (§ 1755 BGB), ist es nach Angaben der für die Regelung der Taufpatenschaft zuständigen Kirchen nicht möglich, eine einmal übernommene und ins Taufregister eingetragene Patenschaft wieder zu lösen.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 1755 Erlöschen von Verwandtschaftsverhältnissen
(1) Mit der Annahme erlöschen das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten.
Evangelische Kirche von Westfalen, Landeskirchenamt, Projekt www.mein-patenamt.de
Kann man das Patenamt rückgängig machen? ... »Dennoch können Patinnen und Paten nicht aus dem Kirchbuch und aus dem Stammbuch der Familie gestrichen werden. Es handelt sich dort jeweils um die Beurkundung einer vollzogenen Handlung, die nicht nachträglich rückgängig gemacht werden kann.«
Online abrufbar hier.
Katholisch.de, Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland Allgemein gemeinnützige Programmgesellschaft mbH (APG) im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz Taufpaten Bezugspersonen Die Begleiter des Täuflings ... »Die Patin oder der Pate können nicht abgesetzt werden, etwa nach einem Streit mit den Eltern. Der Pfarrer kann den Paten nicht aus dem Taufregister streichen. Denn er hat mit seiner Unterschrift die Taufe bekundet.«
Online abrufbar hier.
Lesenswert in diesem Zusammenhang ist: Das Amt der Taufpaten Überlegungen zu seinem Verständnis und seiner Gestaltung
Eine Stellungnahme der Theologischen Kammer der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck Online abrufbar hier.
Sehenswert, weil ein Meisterwerk: Die Trilogie »Der Pate« (1972), »Der Pate – Teil II« (1974) und »Der Pate – Teil III» (1990), jeweils in der Regie von Francis Ford Coppola nach dem Roman von Mario Puzo, der auch am Drehbuch mitgewirkt hat. Die Darstellung des Don Vito Corleone durch Marlon Brando wurde zum Inbegriff des Mafiapaten. So sehr, dass Marlon Brando 1990 in dem sehr unterhaltsamen Film »The Freshman« von Andrew Bergman selbst eine Marlon-Brando-Parodie als Pate spielt.
Illustration: Serge Bloch