Jennifer Henne-Bartz ist Winzermeisterin und Leiterin der Deutschen Wein- und Sommelierschule in Neustadt an der Weinstraße in Rheinland-Pfalz. Die Trägerin des »DipWSET«-Diploms der renommierten britischen Wine and Spirit Education Trust (WSET) ist Vorsitzende des Vereins »Vinissima«, eines Netzwerks für Frauen in der Weinbranche:
»Klassischerweise riet man dazu, Weine liegend zu lagern, damit der Korken feucht bleibt. Andernfalls könnte Luft in die Flasche dringen oder der Wein mit der Zeit auslaufen. Günstigere Weine mit feinkörnigen Presskorken sind jedoch zum baldigen Verzehr bestimmt, also innerhalb von spätestens sechs bis zwölf Monaten, und gar nicht zur längeren Lagerung – da ist es egal, ob Sie die Flasche stehend oder liegend lagern. Dasselbe gilt für Produkte mit Schraubverschluss.
Hochpreisige Weine mit Naturkorkverschluss und einer gewissen Komplexität, die sich mehrere Jahre lagern lassen, würde ich liegend aufbewahren. Wissenschaftliche Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass bestimmte Korken Phenole, also aromatische chemische Verbindungen, absondern können, weshalb manche Sammler selbst hochpreisige Weine inzwischen stehend lagern. Für die stehende Lagerung brauchen Sie jedoch mehr Platz – noch ein Grund, warum Weine traditionell liegend gelagert werden.
Das Wichtigste bei der Weinlagerung ist, dass kein Licht an die Flasche kommt und die Raumtemperatur konstant bleibt. Im offenen Küchenregal sollte man deshalb selbst niedrigpreisige Supermarktweine nicht länger als ein, zwei Wochen aufbewahren. Das Licht, egal ob natürlich oder künstlich, sowie die durchs Kochen bedingten Temperaturschwankungen führen dazu, dass der Wein vorzeitig reift. Ich habe Weinliebhaber kennengelernt, die keinen Keller haben und stattdessen in einem anderen Raum im Haus die Fenster eigens abgedunkelt haben – Not macht erfinderisch.
Weinliebhaber mit wenig Platz könnten von einem Weinkühlschrank profitieren. Oder Sie lagern Ihre besten Flaschen bei einer Weinhandlung Ihres Vertrauens ein, die diesen Service anbietet. In vielen Städten gibt es inzwischen auch sogenannten Wein-Banken. Das sind Weinkeller, in denen man ein Aufbewahrungsfach anmieten und den gelagerten Wein in heimeliger Atmosphäre auch vor Ort trinken kann – zum Beispiel mit Freunden oder Geschäftspartnerinnen.«