Eklat im Tanzstudio

Als unser Leser seiner Tanzpartnerin am Ende des Abend in den Mantel helfen will, wird er barsch zurückgewiesen. Was war da los?

Illustration: Serge Bloch

»Im Rahmen eines Standard/Latein-Tanzkurses habe ich über eine Tanzpartnerbörse eine Tanzpartnerin zum Üben auf den Tanzpartys gesucht. Ich fand eine, die von der Größe gut zu mir passte und Tanzerfahrung hatte. Am Ende der Tanzparty half ich ihr in den Mantel. Darauf sie zu mir: ›Ich will nichts von dir und ich will auch nicht ins Bett mit dir!‹ Unterstellen Frauen, dass Männer das Tanzen nur als Vorwand betrachten und anderes im Sinn haben?« Philipp H., München

Es ist sozusagen das Gegenteil von dem geschehen, was man beim Paartanzen übt, gerade in den lateinamerikanischen Tänzen. Das Spiel zwischen Mann und Frau, Betonung auf Spiel. Wo beide stark sind und schwach sind, zwei gleichberechtigte Wesen, die in beiderseitigem Einverständnis unterschied­liche Rollen ausüben. Verführung: Einer führt, der andere lässt sich führen. Beides erfordert das gleiche Maß an Können. Oder wie ich damals im Tanzkurs gelernt habe: Wenn einer dem anderen auf den Fuß tritt, ist immer der andere schuld.

Ihre Tanzpartnerin hat dieses Spiel sozusagen kaputtgemacht. Und zwar so nachhaltig, als ob nach dem Boxtraining der eine dem anderen eine reinhaut. Es war so nicht ausgemacht. Sie waren galant (oder?), und man hat Sie so behandelt, als wären Sie es nicht. Unverschämtheit. Kann man sagen.

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Man kann aber auch versuchen, was ja sowieso immer eine ganz gute Übung ist, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen. Und für mich hört es sich an, als gäbe es dazu eine Vorgeschichte, mit der Sie gar nichts zu tun haben. Vielleicht ist diese Frau schon in Situationen geraten, die ihr unangenehm waren, weil sie es nicht geschafft hatte, sich im richtigen Moment abzugrenzen. Vielleicht ist sie eine Person, der es nicht leichtfällt, Nein zu sagen. Ihre Barschheit, die, wie Sie es schildern, wirklich etwas ungehobelt wirkt, klingt für mich jedenfalls eher nach Selbstverteidigung als nach Anklage. Ich würde Ihnen raten, es nicht persönlich zu nehmen.

Und Ihre generalisierende Frage, ob Frauen unterstellen, dass Männer Tanzen nur als Vorwand für anderes betrachten, möchte ich generalisierend zurückweisen und die französische Dramatikerin und Schriftstellerin Yasmina Reza zitieren:»Jedes Mal, wenn man sagt, ›die Frauen‹, ›die Männer‹, läuft man Gefahr, eine Dummheit zu sagen.«