Eine saubere Sache?

Eine Frau hat die Angewohnheit, das Haus ihrer Schwester erstmal gründlich durchzuputzen, wenn sie dort zu Besuch ist. 

Illustration: Serge Bloch

»Meine Tante (und ihre Familie) ist etwas unordentlich bzw. mehr als meine Mutter. Jedes Mal, wenn wir meine Tante besuchen, meistens für zwei, drei Tage, räumt meine Mutter also das Haus ihrer Schwester auf, staubsaugt und wischt Staub. Ich empfinde das als extrem unhöflich, erstens sich im fremden Heim so auszutoben, zweitens weil ja damit automatisch vermittelt wird, dass man das Haus als ungepflegt empfindet. Oder soll ich es als gut gemeinte ›Vergütung‹ bzw. ›Revanche‹ für die Unterkunft hinnehmen?« Lorenz M., München

Ich habe so viele Fragen. Erstens, in welcher Beziehung stehen Sie zu ­Ihrer Mutter? Das Wort »hinnehmen« macht mich stutzig – Sie fragen, ob Sie die Putzerei Ihrer Mutter im Hause Ihrer Tante hinnehmen sollen. Was würde denn drohen, nähmen Sie es nicht länger hin? Sind Sie in einer Position in Ihrer ­Familie, in der bereits ein Machtwort von Ihnen Gewicht hätte, oder müssten Sie zu härteren Mitteln greifen? Dann: In welchem Verhältnis stehen die beiden Frauen zueinander, also Ihre Mutter und deren Schwester? Ich habe leider Ihre Nummer nicht, sonst würde ich Sie schnell anrufen und fragen, wie Ihre Tante es findet, dass ihre Schwester bei ihr zu Hause freiwillig sauber macht, und wie es ja klingt: richtig gründlich. Findet die das übergriffig? Wenn ja, warum sagt sie ihr das nicht? Oder freut die sich nicht vielleicht sogar insgeheim, wenn auf einmal bei ihr zu Hause alles richtig ordentlich ist? Um Ihre Frage beantworten zu können, müsste man mehr über die Geschichte der Schwestern wissen, über deren Elternhaus und ihre beiden bestimmt sehr unterschiedlichen Rollen darin. Es ist durchaus denkbar, dass Ihre Mutter immer schon diejenige war, die alles in Ordnung gebracht hat, während ihre Schwester sich auf anderen Gebieten hervortat (mög­licherweise durch Gutmütigkeit). Ich möchte Ihnen versichern, dass ich Ihre Frage sehr gerne beantwortet hätte, aber es fehlen mir leider zu viele Informationen.

Ich konzentriere mich daher nur auf den Schluss und flehe Sie an, die eigenmäch­tige Putzerei Ihrer Mutter auch weiter ­hinzunehmen. Ich möchte Sie inständig ­da­rum bitten, nichts zu tun, was Sie sonst vielleicht noch bereuen müssten. Leben und putzen lassen – ich denke, das wäre so die Richtung, in die meine Antwort auf Ihre Frage gehen würde, hätte ich genug Einblick in die Gesamtsituation.