Das Beste aus aller Welt

Axel Hacke reist mit der Familie nach Italien und erfährt dort, dass Dagobert Duck die Finanzkrise verschuldet hat.

Urlaub in Italien. Die kleine Sophie hat ein Plüschpferd geschenkt bekommen, das hat sie Anna genannt. Anna begleitet sie durch die Ferien, zusammen mit der Puppe Laura, die gibt es aber schon länger.

Anna und Laura können sprechen. Anna, das Plüschpferd, spricht mit Pferdestimme, das heißt, ihre Sätze werden oft von Wiehern unterbrochen, einem »Wihiihii!« Laura, die Puppe, hat eine hohe Puppenstimmlage. Den ganzen Tag reden sie mit Sophie, sie sind im Grunde die Einzigen, die Einfluss auf sie haben, viel mehr als Sophies Eltern. Wenn Paola und ich die Sophie rufen, kommt sie nicht, weil sie dies und jenes erledigen muss und gerade keine Zeit hat. Wenn aber Laura, die Puppe, oder Anna, das Plüschpferd, sagen, wir machten einen Spaziergang zur Piazza, »wir gehen schon mal vor, Sophie, wihiihii!«, dann eilt Sophie die Haustreppe hinunter. Das ist ein großer Vorteil für die Eltern. Der Nachteil ist, dass diese Wesen natürlich nicht selbst reden. Jemand muss ihnen die Stimme leihen. Und wer? Paola und ich, den ganzen Tag, auch den Tag danach und den übernächsten Tag. Sodass, wenn wir abends ins Bett fallen, Paola mit Puppenstimme »Gute Nacht!« sagt und ich leise »Wihiihii!« antworte, weil wir nicht mehr wissen, wer wir sind. So ist das im Urlaub. Manche finden zu sich selbst. Andere verlieren sich.

In meiner Post war ein Exemplar der österreichischen Zeitung Heute. Auf Seite drei reckt Katie Price ihre Brüste, darunter sieht man das Foto eines männlichen Badehosenmodels, das einen Windhund über den Laufsteg führt. Daneben die Schlagzeile Krise: Expertenstreit über Dagobert Duck! und ein Bericht, in dem Peter Bofinger, »Promi-Volkswirt aus Würzburg«, die These vertritt, »eine Dagobert-Duck-Mentalität« habe die weltweite Krise verursacht. Die Gegenmeinung lautet: Dagobert Duck sei ein »Vorbild«, denn die Finanzkatastrophe sei entstanden, weil man sich an fiktiven Werten berauschte. Dagobert aber habe sich immer an konkretem Geld orientiert. War es nicht seine größte Freude, in seinem Vermögen zu baden?

Meistgelesen diese Woche:

Diese Meinung, so die österreichische Zeitung Heute, vertrete »Finanzexperte Axel Hacke von der Süddeutschen Zeitung«.
Axel Hacke? Ich? Finanzexperte? Bofinger? Streit?

Tatsächlich habe ich vor einem Jahr hier geschrieben, das Unheil der Weltwirtschaft rühre daher, dass Geld für maßgebliche Leute nur noch im Computer existiere, nicht mehr als anfassbare Sache, wie eben bei Dagobert Duck im Speicher. Möglicherweise habe ich das nicht ganz ernst gemeint, wer weiß? Aber irgendjemand muss sich das Zitat gemerkt haben, irgendjemand muss dazu passend ein Zitat von Peter Bofinger (der vielleicht in Würzburg einen Comicbuch-laden betreibt, wer weiß?) gefunden haben, irgendjemand hat das zusammengerührt – schon bin ich Finanzexperte.

Jedenfalls in Österreich, aber nicht nur dort. Denn wie ich gesehen habe, steht der Artikel auch im Internet, auf heute.at. Finanzexperte. Wie schnell das geht. Wie wird es weitergehen? Börsenlegende. Kursprophet. Aktienguru. Dann der Absturz? »Der einstige Investment-Star: Heute lebt er als sprechendes Plüschpferd in Italien.«

Ein Feriengruß von Freund Wumbaba sowie Leserin K., die in den Fünfzigern ihre Kindheit in der DDR verbrachte. Im Rundfunk wurde damals oft das »Chianti-Lied« gespielt:
»Ja, ja, der Chiantiwein, der lädt uns alle ein!
Drum lasst uns glücklich sein und uns des Lebens freu’n
Beim gold’nen Chiantiwein!«

K. war damals erst sechs. Auch gab es in der DDR wenig Gelegenheit, des Chiantiweins habhaft zu werden, weshalb sie statt »Chiantiwein« immer »Quantibein« verstand. Aber warum der Quantibein alle einlud? Und wozu? Ein Rätsel.(In seinem Urlaub liest Axel Hacke dieses Jahr kein Lustiges Taschen-
buch wie König Dagoberts Dukaten. Als Erstes greift der Ex-
Börsenguru zu Petra Reskis "Der Italiener an meiner Seite", einem schlauen und humorvollen Bericht über das Leben in Venedig.
)

Illustration: Dirk Schmidt