Die Chessington World of Adventures ist ein Themenpark südlich von London, nehmen Sie am besten die A 3, wenn Sie hinfahren, vorbei an Richmond und Wimbledon, dann südlich von Kingston upon Thames den Abzweig auf die A 243, auf der rechten Seite sehen Sie es. Oder fahren Sie mit den South West Trains von Clapham Junction bis Chessington South, von da sind es nur zehn Minuten zu Fuß, ist wahrscheinlich sogar schneller so.
Und bitte lassen Sie Ihr mit Zebrastreifen bedrucktes T-Shirt daheim und die Jacke mit dem Tigermuster auch. Damit kommen Sie nicht rein.
In der Chessington World gibt es nämlich nicht nur die Achterbahn »Wut des Drachens« und ein Fahrgeschäft namens »Ramses’ Rache«, sondern auch einen Zoo, dessen Tiere oft verwirrt, wütend oder ängstlich auf Leute reagierten, die angezogen waren wie sie: die Tiger dachten, da kommt neues Futter, die Zebras beschwerten sich beim Direktor, dass da welche frei herumliefen, die aussahen wie sie, während sie selbst eingeknastet waren. Und bei den Typen in den Tigerjacken dachten sie: Hey, was macht der Scheißtiger da, der gehört nach Asien?! Wir sind in Afrika.
Haben Sie übrigens kürzlich in der Online-Ausgabe von Zoology den Bericht über die Frage gelesen, warum Zebras Streifen haben? Das war ja unklar, die Streifen wirken nicht direkt wie eine Tarnung in der Savanne, eher wie ein großes Hinweisschild: Hey, Löwe, hier sind frische Zebras, nur falls Du Appetit hast! Dienen die Streifen der Hitzeregulation oder dem gegenseitigen Erkennen, beugen also der Verwechslungsgefahr mit Pferden vor? Und ist nun ein Zebra schwarz mit weißen Streifen oder weiß mit schwarzen?
Die Zweckfrage ist jedenfalls geklärt, Wissenschaftler aus London und Queensland haben das getan, sie schrieben in Zoology: Die Streifen verwirren den Feind. Sobald ein Zebra sich in Bewegung setzt, ist es dank seines Fells viel schwerer zu erkennen, seine Silhouette verschwimmt, und zwar sowohl in den Augen von Löwen und Hyänen als auch in denen von Mücken. Ein laufendes Zebra ist für Raubtiere und Insekten ohne Brille ein echtes Problem.
Werfen Sie das Zebrahemd also nicht weg, im Sommer am See und im Biergarten könnte es noch nützlich sein!
Noch ein Wort zu den richtig gefährlichen Killern der Tierwelt. Das sind, las ich jetzt, Bergmolche und Seepferdchen. Niemand jagt so effizient wie diese beiden, keiner ist für seine Opfer so gefährlich. Der Bergmolch, der in Frühling und Sommer im Wasser, im Herbst und Winter aber an Land lebt, ist das einzige Tier der Welt, das an beiden Orten gleich geschickt jagt: Im Wasser schleicht er sich an Maden an und saugt sie zusammen mit einem Schluck Wasser ein, an Land holt er sich die Beute mit der Zunge und den Klauen. Wehe, wenn der Bergmolch kommt!
Das Seepferdchen hingegen, schon durch seine Niedlichkeit bestens getarnt, ist ein brutaler Killer, wenn es um Ruderfußkrebse geht. Der Ruderfußkrebs spürt geringste Bewegungen im Wasser und sucht im Falle eines Falles zügig das Weite. Das Seepferdchen aber verhält sich komplett still, es sieht aus wie tot – um dann mit einer wahnsinnig schnellen, fürs menschliche Auge kaum sichtbaren Kopfbewegung den Ruderfußkrebs zu verschlingen. Bevor der merkt, dass er gestorben ist, hat das Seepferdchen ihn verdaut.
Nebenbei gesagt, ist das Seepferdchen in seiner Existenz selbst schwer bedroht, was wiederum am allergefährlichsten Raubtier liegt, das zum Beispiel in seiner Ausformung als Asiate aus wiederum nur Asiaten verständlichen Gründen dieses Tier für ein Aphrodisiakum hält.
Wenn Sie Bergmolche sehen wollen, fahren Sie nicht nach Chessington, sondern gehen Sie in Augsburg, Stuttgart oder Berlin in den Zoo. Seepferdchen gibt es, zum Beispiel, in Hellabrunn oder in Bremerhaven, im Zoo am Meer. Ich bitte mir Respekt aus bei deren Betrachtung!
Illustration: Dirk Schmidt