Die Gewissensfrage

Herumwandernden Kommoden begegnet man eher selten. Allenfalls kennt man sie aus Hildegard Knefs wunderbarem Lied Ich Brauch Tapetenwechsel. Zwar macht sich da eine Birke in der Dämmerung auf den Weg, doch »des Försters Beil traf sie im Morgenschimmer… und als Kommode dachte sie noch immer, wie schön es doch im Birkenhaine war «.In der Tat sind Möbelstücke zwar häufig etwas unhandlich, aber doch grundsätzlich mobil. Anders läge es bei Immobilien, und so können Sie von Glück reden, dass Sie der Dame nicht nach der Scheidung das ererbte Haus abgekauft haben. Womöglich wollte die Wankelmütige jetzt ihre eigenen Enkelkinder im Garten der Ahnen herumtollen sehen und das Haus zurück. Und Sie müssten einen Umzug erwägen.

Das wäre doch ganz etwas anderes!, mögen Sie nun rufen. Ja, da gebe ich Ihnen vollkommen recht, nur warum? Der Unterschied führt zur Lösung: Falls Sie sich nicht ohnehin verändern wollten, würde es Sie sicherlich sehr beein-trächtigen, ein bezogenes Haus wieder zu verlassen. Dagegen erscheint der Verlust einer Kommode verschmerzbar und – ganz entscheidend – eher gering im Vergleich zum berechtigten emotionalen Anliegen der vor-eiligen Verkäuferin. Dies spricht meines Erachtens für die Rückgabe und gegen ein Beharren auf dem Kaufvertrag. Aber mit welcher Rückerstattung? Schon um die Inflation auszugleichen, müssten es laut Statistischem Bundesamt 12,7 Prozent, also fast 45 Euro, mehr sein. In Bundesschatzbriefen hätte das Geld etwa 95 Euro erbracht. War Ihr Konto dafür überzogen, haben Sie in den sieben Jahren allein 900 Euro Zinsen an die Bank gezahlt. Andererseits haben Sie die schöne Kommode genutzt und abgenutzt – schwer bezifferbar. Erneut den Originalpreis heranzuziehen erscheint mir deshalb auf jeden Fall eines: gut praktikabel.

Illustration: Jens Bonnke