Nervt irgendwie

Darf man einer Person sagen, dass es stört, wenn sie permanent Füllwörter verwendet? Moralexperte Dr. Dr. Rainer Erlinger zur Frage, wie viel Sprachkritik erlaubt ist.


»In meinem Umfeld und vor allem in der Arbeit wird das Wort ›irgendwie‹ ständig verwendet. Teilweise dreimal in einem Satz. Das Wort trägt nicht zum Verständnis bei und ist damit eigentlich absolut überflüssig. Kann ich mein Irgendwie-Sager-Gegenüber darauf hinweisen, dass er oder sie mit diesem Wort sparsamer und sinnvoller umgehen sollte?« Markus L., Bremen

Ich muss gestehen, dass ich – zumindest in Maßen – ein Freund der Füllwörter bin. So nennt man nämlich diese Wörter, die man aus einem Text entfernen kann, ohne dass der Sinn verloren geht. Der große Sprachkritiker und Stilist Wolf Schneider meint, meist sollte man sie ersatzlos streichen. Als abschreckendes Beispiel nennt er eine erfolgreiche Schriftstellerin, die in einer Talkshow das von Ihnen so geschmähte »irgendwie« bis zu zehnmal pro Satz verwendet habe.

In dieser Häufung passt die ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung »Blähwort«, dennoch möchte ich das Wort nicht in Bausch und Bogen verteufeln. Glück- licherweise in Übereinstimmung mit Wolf Schneider, der es so formuliert: »Wohlüberlegt und sparsam eingesetzt, verdienen sie Würzwörter zu heißen«. Und damit wären wir auch bei der Moral. »Irgendwie finde ich das komisch« hat eine andere, leicht zweifelnde, nachdenklichere Bedeutung als ein wesentlich härteres, urteilendes »Ich finde das komisch«. Neben dem Vorkommen als schlechte Angewohnheit, schlechte Sprache oder, gezielt eingesetzt, Würze des Satzes können Füllwörter nämlich auch dazu dienen, Aussagen abzufedern – um nicht zu verletzen oder um eine Unsicherheit auszudrücken. Vielleicht wäre »Pufferwörter« ein guter Ausdruck dafür.

Meistgelesen diese Woche:

Sie schreiben in Ihrer Frage, das Wort »irgendwie« sei eigentlich absolut überflüssig. So wie die Wörter »eigentlich absolut« in Ihrer Formulierung. Beide sind Füllwörter, und schon dies wäre, mögen Sie auch recht haben, Grund, mit Kritik zurückhaltend zu sein. Deshalb: Wenn es Ihnen vorrangig darum geht, Ihren Mitmenschen zu helfen, besser zu kommunizieren, können, ja sollten Sie absolut etwas sagen. Geht es mehr darum, dass Sie das irgendwie stört, eigentlich eher nicht.


Literatur:

Wolf Schneider: Deutsch für Profis. Wege zum guten Stil, Mosaik bei Goldmann, München 2001, S. 126f. und S. 131ff.

Auf S. 131 ff. findet sich eine Liste von zu vermeidenden Füll- und Flickwörtern.

Wolf Schneider hat – unter anderem – eine ganze Reihe von Büchern über Sprache und Journalismus geschrieben, einen Überblick findet man auf seiner Homepage: www.wolf-schneider-autor.de

Daneben hat er als Gründungsleiter der Henri-Nannen-Schule eine ganze Generation von Journalisten und deren Sprache geprägt.

Illustration: Serge Bloch