Darf man als Vorgesetzte lästern?

Die Chefin redet schlecht über Mitarbeiter, die schon gar nicht mehr im Unternehmen sind. Unsere Leserin fragt sich, ob sie den ehemaligen Kollegen davon berichten soll. Unsere Autorin antwortet mit einer Literaturempfehlung und einer simplen Regel.

Illustration: Serge Bloch

»In den letzten Monaten haben einige Kollegen unser Unternehmen verlassen. Nun habe ich häufiger gehört, wie eine Geschäftsführerin die Arbeit von einzelnen dieser Kollegen vor anderen Mitarbeitern kritisiert und sie für Versäumnisse verantwortlich macht. Ob das gerechtfertigt ist, kann ich schwer einschätzen. Da das Unternehmen keinen Schaden genommen hat, finde ich dieses Nacht­reten unprofessionell und unnötig. Dennoch frage ich mich, ob ich den ehemaligen Kollegen, mit denen ich Kontakt habe, davon berichten soll.« Sophie E., Berlin

Leider lebt Nora Ephron nicht mehr, weshalb wir für immer auf neue Filme und Bücher von ihr verzichten müssen, was nicht zuletzt natürlich auch für Meg Ryan wahnsinnig schade ist, für die Ephron die schönsten Rollen schrieb, zum Beispiel Sally aus Harry und Sally. Aber man kann sich ihre Filme ja immer wieder angucken. Und ihre Bücher sollte man sowieso ständig lesen. Weil sie so gut sind. Zum Beispiel Heartburn, den zutiefst befriedigenden Roman über eine Frau, die hochschwanger von ihrem Vollidioten von Mann mit einer anderen betrogen wird (heißt auf Deutsch beknackterweise: Sodbrennen oder Quetschkartoffeln gegen Trübsinn). Ephron soll darin ihre ­eigene Scheidung verarbeitet haben. Und zwar die von ihrem zweiten Ehemann, dem Journalisten Carl Bernstein, bekannt für die Aufdeckung des Watergate-Skandals. Aus Rache wurde die Geschichte dann auch noch mit Meryl Streep und Jack Nicholson verfilmt, wobei alle Sympathien auf ihrer Seite lagen, ach, gelänge doch nur allen Verlassenen solch ein hübscher Trost. Fantastisch ist auch ihr Buch I Feel Bad About My Neck (auf Deutsch seltsamerweise: Der Hals lügt nie), eine Sammlung kürzerer Texte, unter denen sich auch eine Liste von Dingen befindet, die Nora Ephron gern mal früher gewusst hätte. Kleine Regeln, die das Leben erleichtern, wenn man sie kennt und sich einfach da­ran hält. Dass man sein Sofa nie mit etwas bedecken sollte, was nicht mehr oder weniger beige ist, zum Beispiel. Dass man nie einen Mann heiraten sollte, von dem man nicht auch gern geschieden wäre. Dass die letzten vier Jahre Psychoanalyse rausgeschmissenes Geld waren. Insgesamt sind es leider nur 33 solch fabelhafte Einsichten, was nicht die gesamte Bandbreite des menschlichen Daseins abdeckt. Was üble Nachrede angeht, müssen wir daher mit meiner eigenen Regel vorliebnehmen, sie lautet: Komplimente weitersagen, Belei­digungen nicht.