Hilfe, ich bin neidisch auf meinen Sohn

Der Sohn hat beruflichen Erfolg und kauft sich einen Porsche und ein Wohnmobil, der Vater ist Rentner und kann von solchen Fahrzeugen nur träumen. Darf er neidisch sein?

Illustration: Serge Bloch

»Mein Sohn ist mit seinem Unternehmen sehr erfolgreich. Nun leistet er sich, wovon ich immer träumte, etwa einen Porsche und ein Wohnmobil. In meinen Gefühlen rumort es. Einerseits gönne ich ihm den Erfolg, schließlich habe ich durch Gene, Erziehung, Vorbild irgendwie dazu beigetragen. Andererseits fühle ich Neid. Als Rentner kann ich mir diese schönen Dinge nicht leisten. Muss ich mich für mein Gefühl schämen?« Eric K., Gütersloh

Gegenfrage: Was hätten Sie davon? Sich für ein Gefühl zu schämen, macht es ja nur noch schlimmer. Dann fühlt man also Neid und obendrauf auch noch Scham. Vielleicht lohnt es sich in Ihrem Fall, sich das, was Sie Neid nennen, mal genauer anzusehen. Neid ist ja eh so ein blödes Behelfsgefühl. Man gönnt anderen etwas nicht, aber warum? Weil man es selbst gerne hätte. Und schon können wir das Gefühl eigentlich umbenennen in: Bedauern. Sie bedauern, dass Sie sich keinen Porsche leisten können, dass Sie sich, wie es klingt, nie einen Porsche haben leisten können, obwohl das offenbar etwas ist, was Sie begehren. Dasselbe gilt für ein Wohnmobil. Da ein Porsche mit einem Wohnmobil so viel zu tun hat wie ein Tretroller mit einem Nachtzug, geht es unter Umständen sogar um noch mal etwas anderes als um einen Porsche und ein Wohnmobil. So oder so kommt man der Wahrheit nicht aus: Das, was Sie gerne hätten, werden Sie leider nicht mehr bekommen.

Wie ist denn Ihr Verhältnis zu Ihrem Sohn? Vielleicht könnte der sie ja teil­haben lassen an all seinen schönen Dingen? Denn natürlich haben Sie recht, dass es ja schließlich Ihr Sohn ist, Gene hin oder her, Sie verbindet ja wirklich etwas Großes. Allerdings ist es vermutlich noch mal was anderes, einen eigenen Porsche zu fahren, falls man Porsche oder überhaupt Autos toll findet, als mal in einem mitgenommen zu werden oder einen ausleihen zu dürfen. Aber so ist das Leben. Nicht alle Wünsche gehen in Erfüllung. (Ich bin mir ziemlich sicher, diese große Erkenntnis schon mal irgendwo gehört zu haben, Sie vermutlich auch.) Tut mir leid. Gönnen Sie Ihrem Sohn sein Glück (oder ver­suchen Sie es). Er nimmt Ihnen ja nichts weg. Schämen müssen Sie sich jedenfalls überhaupt nicht. Dass man nicht alles bekommt, was man sich erträumt, ist doch auch eine Zumutung.