Name: Jennifer Osborne
Alter: geboren am 2. August 1984
Wohnort: pendelt zwischen Vancouver, Berlin und Kiew
Website: www.jenosbornestudio.com
Ausbildung: Communications Research Centre Fabrica in Treviso, Italien
SZ-Magazin: Wie war es für Sie, eine Gras-Universität zu besuchen?
Jennifer Osborne: Ich war sehr überrascht, als ich die Universität das erste Mal sah. Es ist eigentlich nicht viel mehr als ein Loch in der Wand. Es gibt nur einen Klassenraum, gleich darüber sind die Büros der Dozenten. Alles ist sehr überschaubar.
Trotzdem haben schon viele Tausend Menschen die Kurse dort besucht. Auf Ihren Fotos sieht man sehr unterschiedliche Typen, die in diesem einen Klassenzimmer sitzen. Was war Ihr Eindruck von den Studenten?
Bei vielen hatte ich das Gefühl, dass sie hier sind, um einen Fuß in die Gras-Industrie zu kriegen und richtig viel Geld zu machen. Manche Studenten gehen nur nach Oaksterdam, weil einer der Professoren mitentscheidet, wer die Anbau-Genehmigungen bekommt. Ich bin auf einen Menschenschlag getroffen, der möglichst viel haben will für möglichst wenig persönlichen Einsatz. Es waren auch viele Hippies dabei und einige, die in der Vergangenheit schon illegal Gras angebaut hatten und ihre Fähigkeiten in dem Bereich verbessern wollen. Auf der anderen Seite waren aber auch viele Geschäftsleute an der Universität, die sehr hart arbeiten. Die Studenten dort bedienen definitiv nicht alle das Hippie-Kiffer-Klischee. Es ist ein total bunter Mix.
Woher kommen denn die Studenten an der Oaksterdam University?
Ich habe nur Amerikaner und Kanadier getroffen, aber es studieren auch Leute aus Südamerika, Europa und Australien dort.
Warum wollen diese Menschen gerade mit Marihuana Geld machen?
Im Moment gibt es einen riesigen Hype um Gras. Weil es nach und nach legalisiert wird, denkt jeder er könne damit reich werden. Sie alle hoffen, ein Teil des Marijuana Green Rushs zu sein, der gerade in den USA aufflammt. Es ist auch wirklich eine Branche, die man ernst nehmen sollte. Es wird gerade eine riesige Summe an Geld in Gras investiert.
Sie glauben also, dass Marihuana die USA in ein Fieber stürzen wird ähnlich des Gold Rush?
Ich glaube, dass Gras der nächste Alkohol ist. Wir befinden uns gerade in einem Zustand der Prohibition, aber das wird bald enden und dann werden die Leute Riesengeschäfte mit Marihuana machen. Wir stehen gerade an einem Wendepunkt in der Geschichte, was Gras betrifft.
Was für einen Eindruck hatten Sie von der Direktorin, Dale Sky Jones, und von den anderen Dozenten, die in Oaksterdam unterrichten?
Ich war beeindruckt von ihnen! Die Dozenten kennen sich sehr gut in Rechts- und Geschäftsangelegenheiten aus. Auch über Anbau wissen sie unglaublich viel. Sie könnten jede Pflanze züchten, nicht nur Marihuana. Ich war fasziniert davon, wie viele Lehrkräfte über biologischen und nachhaltigen Anbau geredet haben.
Die Dozenten glauben, dass das Marihuana-Verbot schlecht ist für den menschlichen Geist. Ihnen geht es nicht ums Geld. Viele von Ihnen standen an vorderster Front im Drogenkrieg und legen großen Wert auf Bürgerrechte.
Auf Bundesebene ist Marihuana in den Vereinigten Staaten noch illegal. Wie geht man in Oaksterdam damit um, dass man als Lehrinstitution in einer Grauzone agiert?
Die Situation ist tatsächlich völlig unklar. Es ist schon legal, was Oaksterdam macht, aber man braucht für alles spezielle Genehmigungen. Die Dozenten und Mitarbeiter der Universität kennen jedes Schlupfloch, alles was in den Gesetzbüchern zu Gras steht, zu hundert Prozent. Deswegen können sie sich eigentlich aus jeder Situation herausreden.
2012, als die Polizei eine Razzia in Oaksterdam durchführte, hat es mit dem Rausreden aber nicht so gut geklappt.
Ja, obwohl sie die Razzia erstaunlich gut überstanden haben. Die Polizei hatte wohl alle Pflanzen beschlagnahmt und vernichtet, aber Oaksterdam hat gleich danach wieder eröffnet.
Es heißt, der Legalisierungsprozess in den USA könnte mit Donald Trump als Präsident ins Stocken geraten. Wie sehen das die Menschen in Oaksterdam?
Ja, das habe ich auch gehört. Jeff Sessions (Anm.: der amerikanische Justizminister) hat ja sogar mal in einem Interview gesagt, dass er den Ku-Klux-Klan mochte, bis er herausgefunden hat, dass die Mitglieder gerne Gras rauchen. Die Lehrbeauftragten in Oaksterdam glauben aber nicht, dass Trump den Legalisierungsprozess stoppen wird. Sie sagen, Trump sei schließlich ein Geschäftsmann und könne den Wert dieser Branche bestimmt einschätzen.
Fotos: Jennifer Osborne