Name: Anna Spindelndreier
Geboren: 1987 in Hamm
Wohnort: Dortmund
Ausbildung: Fotografie an der Fachhochschule Dortmund
Website: www.annaspindelndreier.de
SZ-Magazin: Frau Spindelndreier, worum geht es beim Rollstuhl-Skating?
Anna Spindelndreier: Im Grunde genommen unterscheidet sich Rollstuhl-Skating kaum von anderen Formen des Skatens. Denn beim Skaten geht es in erster Linie um Freiheit, Mobilität und Anpassungsfähigkeit – womit man skatet, ist egal. Auch Faktoren wie der gesellschaftliche Stand, das Alter oder die Hautfarbe spielen keine Rolle. Wie bei allen Formen des Skatens gibt es auch beim Rollstuhl-Skating diejenigen, die lieber die Straßen unsicher machen und nach Möglichkeiten zum Skaten absuchen, und solche, die am liebsten in Skateparks fahren.
Und wie andere Skater versuchen, ihre Tricks zu machen.
Ja, die Rollstuhl-Skater haben allerlei Tricks adaptiert: Bei einem Backflip drehen sie sich im Sprung rückwärts um 360 Grad, bei einem Manual fahren sie wie die Skater mit Boards nur auf ihren hinteren Rädern. Es gibt sogar spezielle Skate-Rollstühle, die stabiler sind und besondere Rohre haben, auf denen man grinden kann. Diese Stabilität bedeutet aber nicht, dass Rollstuhl-Skating automatisch leichter ist. Denn die Fußgänger können zum Beispiel schneller von ihren Boards springen, wenn sie merken, dass ein Trick nicht funktionieren wird. Natürlich gibt es trotzdem ein paar Einschränkungen, denn nicht alle Umgebungen und Skateparks sind barrierefrei.
Was wollen Sie mit Ihren Bildern bewirken?
Ich möchte Barrieren in den Köpfen abbauen und zeigen, dass ein Rollstuhl nicht einfach nur ein Hilfsmittel ist, mit dem man von A nach B kommt. Der Rollstuhl wird Teil des Körpers der Person, die ihn fährt. Rollstuhl-Skating ist für rollstuhlfahrende Menschen unglaublich emanzipierend. Sie lernen durch den Sport ihren Rollstuhl ganz anders kennen und gewinnen Selbstbewusstsein. Vor allem bei rollstuhlfahrenden Kindern ist dieser Effekt groß. Sie gewinnen Vertrauen und ihre Eltern lernen gleichzeitig, loszulassen.
Wie kamen Sie mit Rollstuhl-Skating in Kontakt?
Über ein Filmprojekt. Ein Bekannter wollte ein Video über den Sportler David Lebuser drehen und bat mich, zu assistieren. David spielte zu dieser Zeit in meinem Sportverein Rollstuhlbasketball und war bereits ein Profi im Rollstuhl-Skating. 2014 wurde er sogar Weltmeister. Durch den Austausch mit David lernte ich den Sport besser kennen.
Sie haben Ihr Projekt größtenteils an der Westküste der USA aufgenommen. Wieso?
Ich habe die meisten Bilder in den USA aufgenommen, da ich 2015 David bei den dortigen Weltmeisterschaften begleitet habe. Außerdem ist die ganze Kultur rund um die Sportart in den USA auch visuell wesentlich ansprechender. Denn Skaten hat dort einen ganz anderen Status. Es ist Kult und die Menschen leben den Sport. Sie respektieren deswegen etwa Skateparks viel mehr, als wir es in Deutschland tun.
Was hat Sie an der Sportart begeistert?
Die Gelassenheit der Sportlerinnen und Sportler. Sie leben eine unglaubliche Offenheit, sind gastfreundlich und sehr entspannt. Skateboarder haben untereinander großen Respekt und legen viel Wert auf Solidarität. Die anderen Skater sind denen im Rollstuhl gegenüber sehr offen. Wenn David Hilfe brauchte, waren sie sofort zur Stelle.