Große Hotels werden gerne wie Trutzburgen gebaut – die Gäste sollen sich darin sicher und auch gegen anhänglichen Stress verteidigt fühlen. Die Masserien, die sich im ganzen Stiefelabsatz Italiens finden, waren tatsächlich Trutzburgen und schützten ihre Bewohner einst vor handfesteren Gefahren. Erbaut im Mittelalter, als das ausgesetzte Land zwischen zwei Meeren oft Ziel plündernder Nachbarvölker wurde, waren die kleinen kalkweißen Festungen die einzige Chance der Großbauern, ihren Leuten und der Ernte Schutz zu bieten. Nicht wenige dieser Landgüter haben die letzten fünfhundert Jahre unverändert überstanden und manche gewähren den heute einfallenden Nachbarn sogar freundlich Obdach – wie die Masseria Torre Maizza, die 50 Kilometer östlich von Bari liegt.
Bis in sein Badezimmer bewegt sich der Gast hier durch die Geschichte, immer begleitet vom Verlangen, die stets persilsauberen Kalkwände zu streicheln, die nur vom Meerwind modelliert wurden. Die einfache Klarheit, in der diese weißen Wände und schlichten Torbögen einst gesetzt wurden, entspannt das Auge heute mehr als eine Aveda-Maske (die es hier freilich auch gibt). Am ersten Morgen in der Maizza, noch vor dem Frühstück, sollte man aufs Flachdach des alten Stalls steigen. Dort hat der Hotelchef gut daran getan, nur ein paar gebleichte Sitzkissen zu arrangieren, um der Urwucht des Landes, die sich hier darbietet, nicht zu nahe zu treten. Was man da oben schmeckt, ist nicht nur Meersalz und Zitrone, auch Rosmarin und Thymian wehen von den Berghängen, die sich kaum zehn Kilometer hinter der Küste erheben, man glaubt sogar die Wildschweine zu wittern.
Was man dazu sieht, ist ein gleichzeitig reiches und karges Land. Reich an Aromen, an Fischen (sogar Schwertfische fängt man hier vor Otranto), an vollem Wein und genussfreudigen Einwohnern. Karg sind die Küsten, wo das Meer mal an Klippen, mal an Sand schlägt, karg ist das Straßennetz und sind die seltsamen Trulli, jene kleinen Steinhäuser, aus denen die Apulier ihre Dörfer bauten – ein jedes mit einem besonderen Abschlussstein auf dem Dach. Und nichts spiegelt diese Landschaft so sehr wie ihr wichtigster Bestandteil: der Olivenbaum.
Auf dem Hotelgelände und dem direkt angrenzenden Golfplatz stehen diese Wunderbäume, viele achthundert, manche tausend Jahre alt. Vor Jahrhunderten schon sind ihre unendlich langsam wachsenden Stämme geborsten, haben sich zu bizarren Knoten und knorrigen Brüchen gedreht und tragen doch bis heute ihre kleinen, fetten Früchte.
Man tut als Gast gut daran – vielleicht wenn man nicht Golf spielen oder am hoteleigenen Strandabschnitt liegen möchte –, ein bisschen der Olive zu huldigen, ihrer Kulturleistung nachzuspüren: wie sie als hausgemachte Hotelseife aus eigenem Öl die Haut weicht, wie das Öl pur schmeckt, das sich hier überall in bester Qualität kaufen lässt, wie es ist, damit im kleinen Spa im alten Wachturm massiert zu werden, wie es später auf allen Gerichten Anwendung findet, und schließlich, wie ein Scheit Olivenholz im Kaminfeuer an der Bar verbrennt – es dauert Stunden, so dicht und fest ist das Holz.
Nur eines sucht man in diesem gelobten Olivenland vergeblich: die Souvenirläden mit Olivenholz-Salatbesteck, wie sie in der Toskana neben jeder Kirche stehen. Das machen die Apulier nicht. Dazu sind sie zu stolz und haben ihre Olivenbäume viel zu gerne.
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Masseria Torre Maizza *****, Contrada Coccaro, sn, 72015 Savelletri Di Fasano, Apulien, Italien, Tel. 0039-080.482.78.38, www.apuliacollection.com/maizza. DZ ab 140 Euro pro Person/Nacht inklusive Frühstück.
Mit wem hinfahren: Mit den Nachbarn, die seit 15 Jahren immer von Kreta schwärmen und Italien für Firlefanz halten. Oder mit einer Frau, die sich vor einem Berg frittierter Mini-Calamari nicht fürchtet.
Was unbedingt: Trulli in Alberobello besichtigen und auf dem Weg dorthin zwischen den uralten Olivenbäumen Picknick machen.
Welches Zimmer: Warum nicht gleich eine der Palmsuiten mit eigener Palmenterrasse und kleinem Privat-Pool? Andererseits, eigentlich ganz egal – schlechte Zimmer gibt es hier nicht.
Unbedingt essen/trinken: Alles, was die Einheimischen einem reichen, vor allem auch den Mozzarella am Frühstückbuffet – der stammt von einem benachbarten Caseificio (einer Käserei) und hat nichts mit dem zu tun, was bei uns unter diesem Namen firmiert.
Was man im Hotel am liebsten klauen würde: einen Ast mit Orangen von einem der Bäume am Pool.
Nicht perfekt: Nach einem Abend in der Hotelbar riecht man, als käme man vom Lagerfeuer – schuld ist das würzige Olivenholz im Kamin.
Shop/Restaurant/Sehenswürdigkeit in der Nähe: Im kleinen Familienrestaurant „La Cantina“ in Alberobello zu Mittag essen. Bis man die unzähligen Antipasti-Variationen verkostet hat, wird es Nachmittag – und dann ist schon wieder Zeit für einen Aperitivo.
Vico Lippolis, 8, 70011 Alberobello, Tel. 0039-080.432.34.73.
www.ilristorantelacantina.it.