Der wichtigste Kommentar zur neuen Kollektion von Rihannas Unterwäschemarke Savage x Fenty kam von einem Twitter-Nutzer aus Cape Cod. »Noch nie in meinem Erwachsenenleben habe ich ein Männermodel gesehen, das einen ähnlichen Körper hat wie ich«, schrieb Cody Jacob – und traf damit auf den Punkt, was bei dem Großteil der Bemühungen um Body Positivity und Inclusivity bislang außen vor blieb: Auch Männer kommen in verschiedenen Formen und Größen.
Aber von vorne: Rihanna zählt längst nicht mehr »nur« in der Musik zu den Vorreiterinnen, sondern ist zu einer der prägenden Stimmen in allen Bereichen der Popkultur geworden. Auch in der Mode gibt sie seit Jahren den Ton an – über ihre eigenen Outfits, ihre Luxus-Modemarke Fenty und besagte Unterwäschelinie. Zum zweiten Mal zeigte sie deren neue Kollektion jetzt in einem fast einstündigen Tanz-, Musik-, Licht- und Showspektakel, in dem sich neben Models wie Bella Hadid, Cara Delevingne, Irina Shayk und Paloma Elsesser auch Schauspielerinnen und Sängerinnen wie Demi Moore, Lizzo oder Paris Hilton tummelten, Drag Queens wie Shea Coulée, Gigi Goode oder Jaida Essence Hall und musikalische Auftritte von Travis Scott, Roslía oder Miguel.
Ein ähnliches Tohuwabohu um eine Unterwäsche-Inszenierung kannten wir sonst nur von Victoria’s Secret – mit einem großen Unterschied. Während die US-Firma seit Jahrzehnten an seiner Frauen(körper)-verachteten Laufstegpräsentation mit in Bronzer eingetünchten, durch ein gnadenloses Fitnessprogramm gestählten Körpern, Engelsflügeln und perfekt gewellten Haaren festhielt (und dafür schließlich auch abgestraft wurde), feiert Savage x Fenty schon immer Körper und Menschen in all ihren Formen und Facetten
Ganz neu im Angebot ist dabei diese Saison eine dezidierte Herrenkollektion – und selbstverständlich wurde auch die inklusiv präsentiert. Im Onlineshop von Savage x Fenty werden einige der Produkte an einem Männermodel in XXL-Größe gezeigt – was für Furore im Internet sorgt. Unter einem entsprechenden Post auf Twitter wird derzeit heiß diskutiert. Unter anderem von dem Mann aus Cape Cod, der für eine nicht gerade kleine Bevölkerungsgruppe sprechen dürfte.
Body Positivity bzw. Neutrality und der Bedarf nach mehr Inklusivität werden in der Modebranche nicht erst seit gestern diskutiert. Gerade erst ging ein Instagram-Post der britischen Stylistin Fran Burns viral, in dem sie die »völlig unrealistischen« Ausmaße von Sample Sizes anprangert – das Bild zeigt ein superdünnes Model, das nicht in die Mustergröße einer Celine-Hose passt. Und auch, wenn dieser Post nicht gerade davon zeugt: Es hat sich etwas getan auf dem Gebiet der Größen-Repräsentation in der Modewelt. Models wie Ashley Graham oder Barbie Ferreira sind regelmäßig auf wichtigen Magazincovern und auf dem Laufsteg zu sehen. Bei der Mailänder Fashion Week schickte Donatella Versace mit Jill Kortleve, Precious Lee und Alva Claire soeben drei sogenannte »Curvy Models« über den Laufsteg – repräsentativ zur Bevölkerung immer noch zu wenige, aber mehr als Tokenism, also rein symbolischen und oberflächlichen Anstrengungen, um Heterogenität zu repräsentieren.
Die Modelagentur IMG hat eine Sparte für männliche Plus-Size-Models, diese wurden aber bisher kaum gebucht
Doch ist all das eine Entwicklung, die sich nur in der Frauenmode abspielt? Die renommierte Modelagentur IMG sorgte 2016 für Schlagzeilen, als sie die Eröffnung einer Plus-Size-Sparte für Männermodels ankündigte und nach und nach Models wie Zach Miko, Nemar Parchment oder Rugby-Spieler Matt Wirken unter Vertrag nahm. Doch diese finden bisher wenig Einsatz auf den Catwalks dieser Welt. Bei den Männermodewochen bleibt das herrschende Körperbild jugendlich-hager. Bei einigen Designern wie Junya Watanabe oder Vetements kommen zwar auch mal ältere oder breitschultrige Männertypen vor, »Plus size« sieht man aber weiterhin wenn überhaupt nur bei kleineren Labels wie Rottingdean Bazaar oder Apotts. Das ist so traurig wie erstaunlich – ist doch die generelle Annahme, dass das »schöne Geschlecht« noch stärker Schönheitsidealen unterworfen sei und unter äußerlicher Diskriminierung leide.
Sind Männer also weniger anfällig, sich aufgrund von sie umgebenden idealisierten und unrealistischen Körperbildern schlecht zu fühlen? Die Reaktionen auf das Model im »Savage x Fenty«-Shop zeigen: nein.
Body Inclusivity muss zum Selbstverständnis in der Mode werden – für alle Geschlechter. Das lohnt sich übrigens auch wirtschaftlich: Auf der »Savage x Fenty«-Seite waren alle am XXL-Model gezeigten Produkte als allererstes ausverkauft. Die nächste Men’s Fashion Week kommt bestimmt.
Wird getragen von: Allen, die Unterwäsche tragen
Wird getragen mit: Selbstbewusstsein
Das Insta-Meme dazu: »How to have a beach body: 1. Have a body. 2. Go to the beach.«