Sie ist die Drama Queen unter den Räumen, das Therapiezimmer jeder Wohngemeinschaft. Hier heulen sich Liebeskranke aus und trösten sich bei einem Sixpack balkongekühltem Bier oder ein paar Flaschen Supermarkt-Rotwein. Man sieht den Menschen ja beim Essen an, wenn sie etwas bedrückt. Sogar schon beim ersten Kaffee am Morgen. Dann stochern sie auf ihrem Teller herum oder sitzen am Frühstückstisch wie nicht abgeholt, bis ihnen endlich jemand die Frage stellt: Was ist denn los?
Die Küche ist ein Ort der Geborgenheit und Wärme. Da rückt man zusammen. Wie früher, als wir in Höhlen lebten und uns ums Lagerfeuer scharten, um die Zumutungen des Daseins auszudiskutieren. Das wird sich nie ändern, es ist uns eingeschrieben. Deshalb traut man sich in der Küche eher als im Wohnzimmer oder im Flur ungeschützt zu reden. Das funktioniert sogar, wenn niemand da ist. Fragen Sie den Kollegen Hacke, der jahrelang bei seinem Kühlschrank Rat und Halt suchte.
In der Küche kann einem die Welt gestohlen bleiben. Sie ist die Bar, wenn man zu faul ist, rauszugehen. Im besten Fall ist sie das »saubere, gut beleuchtete Café«, das Ernest Hemingway oft gerettet hat.
(Foto: Tom Mannion)