An irgendetwas erinnert mich diese Geschichte, dachte ich beim Lesen. Dann kam ich drauf: das Böse, Versuchung und Obst. Man muss nur Schauplatz, Besetzung und Dialoge austauschen und schon landet man bei einer der bekanntesten Bibelstellen: 1. Buch Mose (Genesis) 3,1–6; die Schlange verführt Eva dazu, Früchte vom verbotenen Baum zu essen: »Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und dazu verlockte, klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß.« Die Folge ist vertraut: Dies brachte die Erbsünde über die Menschheit. Zwar hat der alte Mann Sie nicht verleitet, etwas Verbotenes zu tun, aber seine geradezu verbotene, nicht tolerable Ansicht bekräftigt, indem er Ihnen Früchte schenkte. Die waren auch nicht vom Baum der Erkenntnis, denn er verkennt ja gerade Gut und Böse, wenn er Hitler als guten Mann bezeichnet. Diesen Irrtum hätten Sie ihm, da haben Sie recht, vermutlich kaum ausreden können. Möglich wäre aber gewesen, ihm klar zu zeigen, dass Sie nicht seiner Meinung sind, indem Sie widersprechen – »No!« hätte er wohl verstanden – und die Orangen zurückweisen. Meiner Meinung nach hätten Sie das auch tun müssen, statt diese Früchte vom Baum der Verblendung anzunehmen. Denn in gewisser Weise stimmen Sie ihm sonst zu, auch wenn Sie nichts sagen.Verzeihen Sie, wenn das alles ein wenig nach Predigt und vielleicht sogar wirklichkeitsfremd klingt, aber es steht hier tatsächlich das absolut Böse zur Rede. Da kann man ruhig weiter ausholen und sollte mehr prinzipiell denn pragmatisch sein.Haben Sie auch eine Gewissensfrage? Dann schreiben Sie an Dr. Dr. Rainer Erlinger, SZ-Magazin, Rindermarkt 5, 80331 München oder an gewissensfrage@sz-magazin.de.
Die Gewissensfrage
»Auf einer Griechenland-Reise fragte mich der Besitzer eines Obstladens, ob ich Deutscher sei. Ich bejahte, woraufhin er mir auf die Schulter klopfte und sagte: ›Hitler good man, very good man.‹ Ich war ratlos, als der ältere Mann mir eine Tüte Orangen schenkte, ja geradezu aufdrängte. Verlegen zog ich von dannen. Hätte ich das Geschenk ablehnen sollen? Eine Diskussion hätte sich schon rein sprachlich sicher schwierig gestaltet, hätte bestimmt nichts gebracht, außerdem hatte ich nicht die geringste Lust darauf. Was hätte ich tun sollen?« LARS R., MÜNCHEN