Krise in der Patchworkfamilie

Die erwachsenen Töchter des geschiedenen Partners unserer Leserin wollen von ihm und seiner neuen Beziehung nichts wissen. Hat sie das Recht, sich einzumischen?

Illustration: Serge Bloch

»Mein Partner und ich sind seit vier Jahren zusammen, seine Töchter sind 25 und 22 Jahre alt. Seit er sich von ihrer Mutter getrennt hat, ignorieren sie ihn und unsere Partnerschaft. Sie treffen ihn höchstens im Café, nie bei uns. Die Trennung kam nicht überraschend, die Ehe war länger kaputt, womöglich spielt die psychische Verfassung der Mutter dabei eine nicht unbedeutende Rolle. Meinen Partner macht die Situation sehr traurig, und ich ärgere mich so sehr über das Verhalten seiner Kinder, dass ich es ihnen am liebsten sagen oder schreiben möchte. Wäre es falsch, mich einzumischen?« Anonym, per Mail

Versetzen Sie sich einmal in die Töchter Ihres Partners hinein. Deren Eltern haben sich getrennt, und die Mutter ist Ihnen zufolge eine psychisch zumindest labile Person. Da ist es doch nicht einmal besonders verwunderlich, wenn ihre Kinder Partei für sie ergreifen. Das ist ja fast schon ein Naturgesetz. Kinder sind tragischerweise darauf gepolt, Eltern, die als schwach empfunden werden, glücklich machen zu wollen. Und das hört auch nicht auf, wenn sie dem Pass nach erwachsen sind. Oder die beiden haben noch mal ganz andere Gründe, der neuen Partnerschaft ihres Vaters nicht mit Begeisterung gegenüberzustehen.

Was auch immer die Ursache für ihre Distanz sein mag, sie darf sein. Es ist nicht die Auf­gabe der Töchter, auch noch auf die Gefühlslage der neuen Partnerin ihres Vaters einzugehen. Das ist natürlich sehr schade, und man kann gut verstehen, dass Sie aktiv werden wollen, um die Situation zum Guten zu verändern. Aber im Moment können Sie leider nichts tun. Sie sozusagen am aller­wenigsten. Und das ist bestimmt keine leichte Aufgabe: nichts zu tun. Man kann es vielleicht eine Spur aktiver formulieren: Warten Sie ab. Mög­licherweise sieht die Sache in noch mal vier Jahren ganz anders aus. Es ist doch, wie man weiß, alles immer im Fluss. Vielleicht haben sich Vater und Töchter bis dahin wieder angenähert, und dadurch käme es natürlich auch zu einem anderen Blick der beiden auf Sie. Im Moment jedenfalls würden Sie mit einem Brief oder einer Ansprache auf keinen Fall das Erhoffte erreichen. Eher im Gegenteil. Es gab deren Familie schon vor Ihnen, da wirken Kräfte, gegen die Sie nicht ankämen. Sie wussten, dass Sie diesen Mann mit einer Geschichte übernehmen. Auch wenn es schwerfällt und bestimmt schmerzt: Ver­suchen Sie, in dieser Familienangelegenheit erwachsen zu sein.