Auf ins Gefecht!

Ein Energiekonzern schließt für einen Leser einen nie bestellten Vertrag ab. Jetzt soll er 33 Cent zahlen zur Abwicklung. Darf man auch gegen Witzbeträge protestieren? 

Illustration: Serge Bloch

»Neulich bekam ich von einem Energiekonzern die Bestätigung über einen neuen Stromvertrag. Allerdings hatte ich den Vertrag nie abgeschlossen. Auf Rückfrage stellte sich heraus, dass es ein Fehler der Kundenverwaltungssoftware war. Man entschuldigte sich und bat mich, die Schlussrechnung über 0,00 Euro abzuwarten, damit sei die Sache dann aus der Welt. Nun kam besagte Rechnung: 0,33 Euro Grundpreis (für zwei Tage Vertragslaufzeit) plus Mehrwertsteuer. Eigentlich lasse ich Fünfe gerade sein. Aber hier weigere ich mich, diesen Witzbetrag zu begleichen. Soll ich den Aufwand betreiben?« Marc W., Frankfurt am Main

Mein Herr, Sie sind bei mir an der richtigen Adresse gelandet, wenn es darum geht, unglaubliche Energien in sich zu mobilisieren, um gegen borniertes und völlig unlogisches Bürokratiedenken anzukämpfen, im schönen Gefühl, dabei auf der richtigen Seite zu stehen. Wenn Sie wüssten, was ich in meinem Leben schon für Mails verfasst und auch abgeschickt habe, mit den gängigen Höflichkeits- und Grußformeln, die ich mir abgerungen habe im ewigen Bestreben, dem Drang, unter die Gürtellinie zu gehen, nicht nachzugeben. Ich habe bei dieser Tätigkeit, die ich, bitte, nicht als Hobby verstanden wissen möchte, sondern als Notwehr, drei Entdeckungen gemacht.
1.) Es hebt die Laune ungemein, wenn man, unter Einhaltung der nötigsten Höflichkeitsregeln, unglaublich unsympathische Mails verfasst.
2.) Wider Erwarten bekommt man auf solche Mails eigentlich immer sehr positive Reaktionen. Vielleicht nicht gleich auf die erste oder zweite, aber ab der dritten tut sich auf jeden Fall etwas. Das nimmt ­einem enorm den Wind aus den Segeln, was sehr erleichternd ist und einen mit der Welt vorübergehend versöhnt.
Und 3.) es geht immer gut aus. Behörden knicken ein, Agenturen entschuldigen sich, Firmen nehmen einen tatsächlich aus ihrem bescheuerten Werbemailverteiler, in den man niemals aufgenommen zu werden bat. (Ausnahme: der Onlineteppichhändler RugVista, den ich mal versehentlich anklickte und dessen Mails ich aus irgend­einem Grund nicht abbestellen kann.)

Ich würde Sie also tatsächlich ermutigen, für Ihre 0,33 Euro, die natürlich eine absolute Frechheit sind, in den Krieg zu ziehen. Mit einer Einschränkung: Wenn Sie im Moment eher zartbesaitet sind, dann überlegen Sie noch mal. Es kommt wirklich einzig darauf an, wie viel Energie Sie ge­rade übrig haben. Aber hinnehmen muss man nicht jede Blödheit. Auch nicht für 33 Cent plus Mehrwertsteuer.