Douglas Tompkins war sicher nicht der Erste, der erschrak, als er den Kahlschlag in den Wäldern des kanadischen Bundesstaats British Columbia vom Flugzeug aus betrachtete. Wohl auch nicht der Einzige, der dabei am Sinn des Kapitalismus und Verstand der Menschen zweifelte. Aber er zog Konsequenzen, auch weil er das nötige Kleingeld hatte: Tompkins ist Gründer der Bekleidungsfirmen The North Face und Esprit, allein mit dem Verkauf von Esprit erlöste er 150 Millionen Dollar. Seit Anfang der Neunzigerjahre kauft er systematisch Land, um es vor der Gier und Zerstörungswut seiner Mitmenschen zu schützen.
Der US-Amerikaner kehrte seiner Heimat den Rücken und ließ sich an einem Ort nieder, wo sich die Natur noch im Gleichgewicht befindet: in Patagonien, im südlichen Teil von Chile und Argentinien. Der Umweltaktivist besitzt heute Berge, Täler, Gletscher, rund 10000 Wasserfälle und einen aktiven Vulkan, den Michimahuida. Er schuf den größten privaten Naturpark der Erde, den Pumalín Park in Chile, der 3250 Quadratkilometer umfasst und damit unwesentlich kleiner als Mallorca ist. Seit 1994 ist Tompkins mit Kris McDivitt verheiratet, die ihrerseits die Outdoor-Firma Patagonia gründete. Gemeinsam hat das Paar inzwischen mehr als 9000 Quadratkilometer Land in Südamerika gekauft, was der Größe von Zypern entspricht. Dieses Land planen sie möglichst unversehrt an die Nachwelt zu übergeben. McDivitt sagt, es stehe den Reichen heute gut an, »etwas Dauerhafteres zu hinterlassen als einen Flügel voller Gemälde in irgendeinem Museum«.Die Ansicht scheint auch der US-Spekulant George Soros zu teilen, der 4000 Quadratkilometer Land in Südamerika kaufte. Der Benetton-Clan, zweitreichste Familie in Italien, erwarb dort sogar mehr als doppelt so viel. Der amerikanische Milliardär Ted Turner stieg vergangenes Jahr zum größten Landbesitzer in Argentinien auf. In seiner Heimat USA verfügt der Gründer des Nachrichtensenders CNN schon seit Jahren über mehr Land als jeder andere Privatmann. Ihn treibe die Furcht, dass »die Menschheit in ihr Verderben rast«, sagt er.
Der britische Milliardär John Eliasch, Chef des Sportausrüsters Head und Umweltberater von Premierminister Gordon Brown, hat für zehn Millionen Euro 1600 Quadratkilometer brasilianischen Regenwald gekauft. Andere mögen seinem Beispiel folgen, fordert er, der gesamte Urwald im Amazonasbecken koste nach seiner Berechnung etwa 40 Milliarden Euro. Das Geld sei gut angelegt, argumentiert Eliasch. Sollte der Wald sterben und das darin gespeicherte Treibhausgas Kohlendioxid, etwa 20 Prozent des Weltvorrats, in die Atmosphäre entweichen, werde die Rechnung für die globalen Folgeschäden um ein Vielfaches höher ausfallen.
Reiche Menschen retten die Erde neu ist der Trend nicht. Schon vor neunzig Jahren schenkte der damals wohlhabendste Mann der Welt, John D. Rockefeller, seinen Mitbürgern zwei Nationalparks. Weil sich die reichen Umweltschützer heute bevorzugt im Ausland bedienen, bezichtigen ihre Kritiker sie jedoch, Öko-Kolonialismus zu betreiben.
Tatsächlich wirft das Engagement Fragen auf: Fast alle globalen Umweltprobleme gehen auf übermäßigen Konsum und Ressourcenverbrauch zurück. Warum sollen aus-gerechnet diejenigen die Erde retten, die sich am liebsten im Learjet fortbewegen und ihre Villen mit Tropenholz auskleiden? Warum zerstört ein Mann wie George Soros, der sein Land in Argentinien umweltverträglich bewirtschaftet, in Brasilien ökologisch ebenso wertvolle Savannen, um Mais und Zuckerrohr für Biosprit anzubauen? Was ist generell davon zu halten, dass Naturwunder wie in Patagonien für die Öffentlichkeit nur noch zugänglich sein sollen, wenn es der Patriarch erlaubt?
Ihr zuweilen sehr herrisches Auftreten hat die Skepsis gegenüber den reichen Umweltschützern noch genährt. Die Benettons verscheuchten nach dem Kauf ihrer Ländereien in Argentinien als Erstes ein paar Indianer, die dieses Land über Generationen bewohnt hatten. Der Brite Eliasch agierte kaum taktvoller, als er sein Stück Regenwald am Rio Madeira in Brasilien in Empfang nahm: Eine Holzfabrik, die sich auf seinem Grund befand, machte er kurzerhand dicht. Daraufhin verloren tausend Arbeiter ihren Job.
Warum kaufen sich die Reichen lieber im Ausland als in ihrer Heimat ein? Einfache Antwort: Weil sie hier am meisten Land fürs Geld bekommen. Tompkins und Konsorten mögen ihr Herz für die Natur entdeckt haben, kühle Rechner sind sie trotzdem geblieben. Als in Argentinien etwa vor einigen Jahren der Peso kollabierte, traten die Farmer ihren Grund zu Spottpreisen ab.
Und doch greift der Vorwurf zu kurz, die Reichen wollten aus ihren Ländereien nur Profit ziehen und sich nebenbei Wasservorräte oder Bodenschätze einverleiben. Ted Turner zum Beispiel betreibt auf seinen Farmen in New Mexico, South Dakota oder Nebraska die größte Büffelzucht in den USA, seine Herde zählt 50000 Stück Vieh. Gleichzeitig versucht er, dieses Land in den Zustand zurückzuversetzen, wie es die Eroberer Amerikas vor gut 500 Jahren vorfanden.
Mit viel Einsatz und Geld arbeiten seine Leute daran, ausgestorbene oder ausgerottete Tiere und Pflanzenarten dort wieder anzusiedeln: Spechte, Wölfe, Dickhornschafe. Douglas Tompkins verfolgt schon seit Jahren das Ziel, seinen Besitz der chilenischen Regierung zu überschreiben unter der Auflage, das Land als staatlichen Nationalpark zu erhalten. Die Regierung hat sich bisher geziert, weil ihr die wirtschaftliche Entwicklung von Chile wichtiger ist als die Erhaltung des Naturzustandes.
Wohlwollend betrachtet lässt sich das Handeln der reichen Ökoaktivisten also auch so erklären: Die ärmeren Länder können oder wollen ihre intakte Umwelt nicht schützen. Die großen Wirtschaftsnationen verlassen sich darauf, dass die Industrie irgendwann Hybridautos in Serie produzieren wird oder das Kyoto-Protokoll in fünfzig oder hundert Jahren doch noch greift. Einstweilen abzuwarten und zuzusehen, wie die Menschheit weiter ihren Lebensraum zerstört diesen Luxus wollen sich Leute wie Turner und Tompkins einfach nicht leisten.