Name: Bruno Helbling
Geboren: 1971
Wohnort: Zürich
Ausbildung: Berufsschule für Gestaltung Zürich
Webseite: www.helblingfotografie.ch
SZ-Magazin: Als freier Fotograf sind Sie spezialisiert auf Architektur und Interior-Design. Wie passt eine Fotoreportage zu ehemaligen Olympiastätten in Ihr Portfolio?
Bruno Helbling: Es hat genauso mit Architektur oder Design zu tun, auch wenn der Kontext für uns eher unüblich ist. Und es war eine spannende Herausforderung und Abwechslung zum gängigen Produktions-Alltag. Bei der Besichtigung des früheren Berliner Olympiageländes kam ich erstmals mit dem Thema in Berührung. Von der Aura und Architektur vor Ort war ich fasziniert. Noch immer war der Größenwahn der Nazis zu spüren. Was mich aber ebenso erstaunte, war, wie intakt Gebäude und Infrastruktur waren – und das trotz dem Zweiten Weltkrieg. Da wollte ich herausfinden, wie erfolgreich die Nachnutzung bei anderen Olympiastätten verläuft.
Wieso entschieden Sie sich ausgerechnet für Athen, Berlin, Sarajevo, Turin, Peking und Sotschi?
Für mein Fotoprojekt wolle ich einen breiten geografischen und zeitlichen Rahmen schaffen. Die ersten Fotografien entstanden in Athen, dem Austragungsort der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit im Jahr 1896. Die letzten Aufnahmen machte ich dann bei den Olympischen Spielen in Sotschi im Jahr 2014.
Mussten Sie vor dem Fotografieren eine Erlaubnis von offizieller Seite einholen?
Das war sehr unterschiedlich. An den meisten Austragungsorten sind die Sportstätten über das ganze Stadtgebiet verteilt und somit sind verschiedene Betreiber verantwortlich; das können private Betreiber, städtische Betreiber und auch Sportverbände sein. Es ist also relativ aufwändig, sich überall eine Bewilligung einzuholen. Zum Teil wurden mir auch keine Bewilligungen erteilt, sodass ich mancherorts illegal eingedrungen und über Zäune geklettert bin.
Wo genau war das?
Zum Beispiel in Athen oder Peking. Das war wirklich abenteuerlich.
Manche der von Ihnen fotografierten Stätten wirken schrecklich verlassen, fast schon geisterhaft. Hatten Sie beim Fotografieren auch mal Gänsehaut?
Absolut. Gerade in Sarajevo lief es mir wirklich kalt den Rücken hinunter. Während der Belagerung der Stadt im Bosnienkrieg waren die Olympiastätten bewusst zerstört worden. Denn die Olympischen Spiele waren auch ein Symbol für den bosnischen Vielvölkerstaat und die internationale und interreligiöse Ausrichtung der Stadt. Das genaue Gegenteil davon, was die serbischen Nationalisten anstrebten. Die Olympiade war für sie also ein Symbol, das sie zerschlagen wollten. Vor einigen Olympiastätten fanden deswegen auch Erschießungen statt. Symbolträchtige Massaker, von denen man stellenweise noch heute die Einschusslöcher sieht.
Die ehemalige Rennrodelbahn in Sarajevo wird heute von BMX-Fahrern als Parcours genutzt…
Das wiederum ist eine wirklich schöne Geschichte – und ein gutes Beispiel für die kreative Nachnutzung olympischer Sportanlagen. Die Menschen haben sich die Stätten selbst zurückerobert. Und auch die Natur holt sich, mit ihren Ranken und Wurzeln, Stück für Stück die Bahn zurück.
Haben Sie einen Überblick darüber, was die Verwaltung und Instandhaltung der Sportstätten kostet?
Einen genauen Überblick habe ich leider nicht. Schaut man sich aber einmal Athen an, so zeigt sich, dass dort aufgrund der weltweiten Finanzkrise die Olympiastätten nach den Spielen nicht mehr weiterbetrieben werden konnten. Ein krasses Beispiel für Missmanagement. Nur selten sind die Folgekosten Teil des Budgets, das im Vorfeld der Spiele aufgestellt und kommuniziert wird.
Am 9. Februar beginnen die Olympischen Winterspiele in Pyeongchang/Südkorea. Können Sie die Spiele nach ihren Reisen überhaupt noch genießen?
Der Spaß an Olympia verging mir dabei schon ein bisschen. Ich bin aber kein Gegner Olympischer Spiele. Die olympische Idee finde ich großartig. Damit für die Bürger vor Ort aber keine Folgeschäden bleiben, ist eine durchdachte und nachhaltige Planung absolute Grundvoraussetzung. Insbesondere das Internationale Olympische Komitee muss hier zeitgemäße und ökonomisch angepasste Forderungen an die Betreiber-Städte stellen.
Was ist Ihre liebste Wintersportart?
Skilaufen. Auch wenn mir als Schweizer und leidenschaftlichem Wintersportler die Auswahl wirklich schwer fällt.