»Ich rieche die Vergangenheit«

Zahi Hawass ist einer der bedeutendsten Ägyptologen der Welt. Selbst er weiß nicht alles über die Pyramiden - aber das liebt er ja an ihnen.

In schwierigen Zeiten wie diesen kurbelt Hawass mit Vorträgen persönlich den Tourismus an.

SZ-Magazin: Es gibt immer noch Menschen, die behaupten, die Pyramiden wären von Außerirdischen erbaut worden. Was sagen Sie denen?
Zahi Hawass: Ich fand die Gräber der Erbauer der Großen Pyramide in Gizeh, und es sind eindeutig Ägypter gewesen. Wir haben sogar den Boden unter der Sphinx auf Abnormalitäten untersucht und darauf, ob sie dort wirklich im Ganzen abgestellt worden sein könnte. 32 Löcher haben wir gebohrt – und keinen Hinweis auf Außerirdische gefunden. Nichts zu sehen außer festem Gestein, aus dem sie gehauen wurde. Stattdessen haben wir die Inschrift eines Vorarbeiters entdeckt, welche Baumaterialien er wann wo im Jahr 27 der Herrschaft von Cheops bestellt hat. Unsere Pyramiden können nicht schon vor 15 000 Jahren von Außerirdischen oder sonst wem erbaut worden sein, sondern sie entstanden vor 4500 Jahren.

Warum hält sich der Glaube?
In den USA lassen sich die irrsten Forschungsprojekte finanzieren, und es gibt genügend Leute mit psychischen Problemen. Seit vierzig Jahren kursiert der Quatsch schon. Meine erste Diskussion mit New-Age-Anhängern werde ich nie vergessen. Sie fand in einer Live-Schaltung mit dem italienischen Fernsehen statt. Ich war damals noch ein Niemand und befürchtete, die würden mich unter den Tisch reden. Da habe ich Omar Sharif gebeten, mein Komparse zu sein und einfach neben mir zu stehen – das würde die Italiener, die Omar Sharif verehrten, davon abhalten, mich in der Diskussion als unglaubwürdig abzustempeln. So habe ich Omar übrigens kennengelernt. In der Sendung hat es einigermaßen funktioniert. Aber die New-Age-Leute kommen immer noch zu Hunderten, um vor den Pyramiden zu meditieren. Von der Wahrheit wollen sie nichts wissen.

Andere Länder haben auch Pyra-miden. Warum ranken sich um die ägyptischen so viele Legenden?
Jedes Kind kennt die Wörter Tutanchamun oder Mumie. Unsere Pyramiden sind die ältesten, größten und schönsten mit den präzisesten Winkeln, 51 Grad und etwas beträgt die Neigung der großen Cheopspyramide, alle Kanten sind gleich lang. Ich kenne die Pyramiden in Indonesien, China, Peru und Mexiko, wo die Leute sogar hochklettern dürfen und ihren Dreck hinterlassen. Die haben keine Magie. Es gibt auch keine Verbindung zu den ägyptischen Pyramiden. Die einzige Gemeinsamkeit: Alle sind keine Tempel, sondern Gräber. Pyramiden sind Gräber für VIPs.

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Wie viele, glauben Sie, sind in Ägypten noch zu entdecken?
Wir haben die Pyramiden von 123 Königen und Königinnen gefunden, aber viele fehlen noch: Ramses VIII. und einige Königinnen. Ich schätze, wir haben erst ein Drittel entdeckt. Einfache Gräber gibt es ohne Ende. Allein Zehntausende auf dem Friedhof im Westen der Großen Pyramide. Gestern musste ich sehr lachen, als ich die idiotische Pressemeldung der NASA gelesen habe, derzu-folge man auf einem Satellitenfoto einige Gräber entdeckt habe. Das moderne Ägypten steht auf dem alten, Sie können hier keine Garageneinfahrt umgraben, ohne auf ein Grab zu stoßen. Aber nehmen Sie bitte immer einen Archäologen mit, wenn Sie irgendwo graben wollen – damit Ihnen niemand einen Bären aufbinden kann.

Ist inzwischen geklärt, ob Sklaven oder Arbeiter die ägyptischen Pyramiden gebaut haben?
Diese Frage ist eindeutig beantwortet. Sklaven hätte man niemals neben einer Pyramide begraben. Ich habe die Gräber der Arbeiter im Schatten der Gizeh-Pyramiden gefunden. Gräber, die für die Ewigkeit präpariert wurden, mit Kunstwerken ausgestattet. Sklaven hatten kein Leben nach dem Tod.

Die Schätzungen über die Zahl der benötigten Arbeiter gehen weit auseinander und reichen bis zu 120 000.
Die Menge der gefundenen Gräber und Schlafstellen, die Größe ihrer Bäckereien und Stellen, an denen Fisch gesalzen und jeden Tag 13 Kühe für die Götter geopfert wurden, lassen auf 10 000 Arbeiter schließen. Mehr wären nicht zu handhaben gewesen. Wir wissen auch, dass der Bau der Cheopspyramide länger dauerte als bisher angenommen: nicht 21, sondern 32 Jahre. Wir wissen sogar, dass der Cousin des Architekten die Pyramide nach dessen Tod beendete.

Wissen Sie auch, wie die riesigen Felsblöcke auf die Pyramiden geschleppt wurden?
Das ist jetzt belegt, sogar bei der großen Cheopspyramide von Gizeh. Wir haben Reste einer Rampe für die Steine gefunden. Sie stand an der Südseite. Und wir haben herausgefunden, dass alle verbauten Steine vom Gizeh-Plateau selbst stammen, mit Ausnahme des weißen Kalksteins, den man von Weitem antransportieren konnte.

Warum wissen Sie immer noch nicht genau, was drinnen ist?
Das Staunen hört nicht auf. In der Großen Pyramide gab es Probleme mit eindringender Feuchtigkeit. Wir brauchten einen kleinen Roboter, mit dem man den gröbsten Dreck aus einem kleinen schmalen Luftschacht heraustransportieren könnte, damit eine Reinigungsmaschine durchpassen würde, um so die Feuchtigkeit zu stoppen. Ein Genie hat diesen Roboter gebaut: Rudolf Gantenbrink, ein deutscher Ingenieur. Wir schickten den Roboter zu einem Verschlussstein, der den Schacht begrenzte, und ich sah, wie kunstvoll die Steine an dieser Stelle ineinander verzahnt waren. Wir haben den Verschlussstein später geöffnet, aber dahinter war Schluss für den Roboter: Der zweite, acht Meter lange Luftschacht besaß eine Krümmung, die er nicht bewältigen konnte. Irgendwann gelang es uns, ein winziges Loch in den zweiten Verschlussstein zu bohren, dahinter entdeckten wir einen dritten. Das war 2010. Dann baute uns ein Zahnarzt aus Hongkong einen weiteren Mini-roboter, wir nannten ihn Djedi, der Name eines Zauberers aus der Cheops-Zeit. Mit dem arbeiten wir uns jetzt vor. Was müssen erst die Araber im neunten Jahrhundert vor Christus bei diesem Anblick verspürt haben!

Was hoffen Sie noch zu finden?
Die Große Pyramide ist die einzige mit einer Grabkammer in ihrem Inneren statt unterhalb wie bei allen andern. Ich glaube, es befindet sich neben oder unter der zweiten großen Kammer eine weitere Grabkammer, die von Cheops. Ein Team aus Japan und Frankreich macht inzwischen Infrarotscans. Ich hoffe, dass uns die modernen Techniken noch im Herbst neue Informationen geben.

Cheops ist Ihr Lieblingspharao. Warum?
Ich liebe diesen König. Ich habe meine Dissertation über Gizeh und die Cheopspyramide geschrieben, die Gräber der Arbeiter gefunden und andere Geheimnisse um ihn gelöst. Ich will wissen, was sich noch in der Pyramide befindet und wo dieser König begraben wurde. Niemand kann ernsthaft glauben, dieser große König, der Autor des heiligen Buchs der Ägypter, sei in einer der anderen Kammern begraben. Die sind viel zu klein.

Wie kann es sein, dass man seine Mumie nicht gefunden hat – trotz aller Messungen mit Radar und Infrarot?
Das Rätsel wird gelöst, wenn die Zeit gekommen ist. Die Geheimtüren haben wir schon aufgespürt, vielleicht ist es bald so weit.

Im vergangenen November hieß es, man habe mit neuen Radarmessungen versteckte Kammern im Grab des Tutanchamun in der Nähe von Luxor gefunden. Es war wohl ein Fehlalarm.
Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich beobachten, wie eine Spekulation mit einem Beweis verwechselt wurde. Japaner haben die Messungen durchgeführt. Mamdouh El Damati, mein damaliger Nachfolger als Antikenminister, war so unvorsichtig, auf einer Pressekonferenz zu behaupten, man sei sich zu fünfzig Prozent sicher, versteckte Kammern mit organischem Material darin entdeckt zu haben. Mir wäre das nicht passiert.

Der englische Wissenschaftler Nicholas Reeves vermutet sogar Nofretetes Mumie in einer dieser Kammern.
Als ob Radarbilder das zeigen könnten. Reeves ist gerissen, der Name Nofretete ließ alle Welt aufhorchen. Auch El Damati hat Reeves geglaubt. Ich habe ihm und Reeves später Radaraufnahmen gezeigt und gesagt: Wenn da was wäre, sähe es so und so aus. Außerdem: Warum sollte Nofretete, die den Gott Aton in Armana verehrte, sich im Tal der Könige begraben lassen wollen, zumal die Priester ihr dabei niemals geholfen hätten? Was Reeves hier behauptet, ist falsch. Hätten sie mich nur um Rat gefragt. In den 14 Jahren, die ich für die Antikensammlungen in Ägypten zuständig war, habe ich alle eingebunden. Wenigstens haben sie mich jetzt gebeten, mir die jüngsten Messungen im Tal der Könige anzuschauen. Der aktuelle Leiter der Antikensammlung ist ein Freund von mir – und ausgebildeter Ägyptologe. El Damati sprach auch von einem mysteriösen Temperaturanstieg um fünf Grad an einer Stelle der Gro-ßen Pyramide. Als ich mir die Stelle ansah, entdeckte ich sofort, dass dort ein Stein 1939 durch Zement ersetzt worden ist. Daher die höhere Temperatur.

Wie steht es bei der Suche nach Kleopatra?
Seit sechs Jahren graben wir in der Nähe eines Tempels 35 Kilometer vor Alexandria. Ein russisches Radargerät, mit dem man bis zu fünfzig Meter tief in den Boden schauen kann, hat etwas unter einem Leuchtturm entdeckt. Und im Tempel befindet sich ein Tunnel. Im Laufe des nächsten Jahres werden wir klarer sehen.

Haben Sie keine Angst, dass Ihnen langweilig werden könnte, wenn mal alle Rätsel gelöst sind?
Man kann niemals alle lösen. Die Magie der Pyramiden wird für immer bestehen.

Warum nennt man Sie den letzten Pharao?
Den Titel haben mir die Italiener verpasst. Ich bin wohl manchmal etwas aufbrausend.

Und den ägyptischen Indiana Jones – wegen Ihres Hutes?
Anzunehmen. 2009 war ich mit George Lucas, dem Erfinder von Indiana Jones, und mit Omar Sharif und Naomi Campbell essen, Lucas fragte mich: Warum ist dein Hut berühmter als der von Harrison Ford? Ich sagte: Meiner ist ein Original-Archäologenhut, der von Harrison eine Fälschung. Meiner wird jetzt neu aufgelegt. In China. Ich werde alle Einnahmen aus den Namensrechten spenden, für eine Kinderkrebsstation in Luxor.

Nach der arabischen Revolution hieß es, Sie seien korrupt, hätten Millionen aus der Tutanchamun-Ausstellung, die um die Welt tourte, an Suzanne Mubarak abgezweigt. Sie wurden innerhalb eines Jahres entlassen, wieder eingesetzt und wieder entlassen.
Ach was, ich wollte doch selbst nicht mehr. Meine Feinde haben mich mit allem möglichen Dreck beworfen, aber die Vorwürfe haben mich nicht gejuckt. Ich habe ihnen entgegnet: Schaut euch mal an, wie viele Bücher ich geschrieben habe, legt sie übereinander, der Stapel ist größer als jeder meiner Kritiker! Niemand kann mich bestechen. Ich bin der einzige Ägypter, der wirklich unbestechlich ist. Vergangenes Jahr wurde ich schon wieder gefragt, ob ich nicht in meinen alten Job zurückkehren wolle. Will ich nicht. Ich leite gern die Prüfungskommission, die die jüngsten Ergebnisse im Tal der Könige publiziert. Auch die von der Großen Pyramide. Das reicht. Ich kümmere mich weit mehr um mein Land als zu meiner Zeit als Chef der Antikensammlungen. Und damals habe ich auch einiges bewegt, allein 22 Museen gebaut. Ich glaube nicht, dass meine Nachfolger Ähnliches erreichen können. Die ersten nach der Revolution waren wirklich Idioten, die nichts taten.

Wer hat Sie jetzt gebeten zurückzukommen?
Ich bekam einen Anruf von Leuten, die die Leute beraten, die den Premierminister beraten. Ich sagte gleich ab. Im Mai werde ich siebzig. Wenn ich mich so anschaue, glaube ich es selbst nicht. Ich mache jeden Tag Sport und gehe danach ins Büro. Ich schreibe ein Buch nach dem anderen. Und ich reise viel, für Ausstellungseröffnungen oder Vorträge. Und dann kümmere ich mich noch um den Tourismus in Ägypten. Ein privater Reiseunternehmer bat mich vor zwei Jahren um Vorträge für seine Reisegruppen. Mache ich natürlich, 2200 amerikanische Touristen sind bisher gekommen. Nicht viel im Vergleich zu den 14 Millionen, die vor der Revolution kamen. In Luxor weinen sie, so wenige Touristen lassen sich dort blicken. Dabei ist nach der Revolution keinem Touristen an den Pyramiden etwas passiert. Gott schütze dieses Land. Ich wüsste, was zu tun wäre.

Was denn?
Das Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Dabei sind die Antikensammlungen eine Henne, die goldene Eier legt. Ich würde sofort eine Ausstellung über König Tutanchamun um die Welt schicken, Paris, Berlin, London, Sydney, New York.

Das haben Sie schon einmal getan.
Dann eben noch mal. Ich würde im November eine große Eröffnungsparty schmeißen, zu der ich alle Könige und Präsidenten einladen würde, und die Ausstellung 2022 zurückholen, um dann hundert Jahre Entdeckung des Tut-Grabes zu feiern. So macht man Werbung für das Land, bringt die Touristen zurück und bekommt schnell das nötige Geld in die Kasse, um das Große Museum in Gizeh fertigzustellen, da fehlen noch etliche Millionen Dollar. Aber die zuständigen Leute haben Angst, so etwas auf die Beine zu stellen.

In Ihrer Amtszeit haben Sie eine Kommission zur Rückholung gestohlener Altertümer gegründet.
6000 Stücke haben wir wieder nach Hause gebracht. 2011 wurde die Arbeit eingestellt, jetzt will man das Büro wieder aufbauen.

Wie viele Kunstwerke wurden seit dem Arabischen Frühling gestohlen?
Die Leute haben damals überall wild rumgegraben und ein Drittel aller Grabungsstätten verwüstet. Ganz Ägypten ist mit Löchern übersät. Einige unehrliche Archäologen haben sich in den Magazinen bedient und unbezahlbare Antiquitäten durch Repliken ersetzt. Ohne Herkunftsurkunde sollte nichts mehr verkauft werden dürfen.

Wer kauft gestohlene Grabbeigaben?
Arabische Prinzessinnen, Millionäre in England, Australien und den USA, wir wissen es nicht. Aber irgendjemand hortet die Dinge.

Was wurde in der sogenannten Nacht des Zorns am 28. Januar 2011 im Kairo-Museum gestohlen?
Überraschend wenig. Nur 54 Objekte. Bis auf 17 haben die Leute sie mir zurückgebracht. Die 2000 Räuber, die das Museum gestürmt haben, hatten ja anderes im Sinn: Sie haben Gold gesucht. Und Rotes Quecksilber, eine Flüssigkeit, die der Legende nach Kontrolle über den Teufel und ewiges Leben verleiht. Die Leute glauben, es befinde sich im Rachen der Mumien, deswegen wurden die am Hals aufgeschnitten. Die Artefakte blieben weitgehend unbeschädigt. Das Rote Quecksilber ist natürlich ein Mythos.

Hört sich wie bei Indiana Jones an.
Wir Ägypter sind sehr leichtgläubig. Gerade bekommen hier alle Leute Anrufe, und irgendjemand versucht einem gefälschte Antiquitäten aufzuschwatzen, die ein Verwandter des Angerufenen angeblich gerade schon begutachtet hätte, er bräuchte nur dringend eine Anzahlung. Wir glauben einfach alles.

Angeblich haben Sie seit Ihrer Entlassung Hausverbot im Kairo-Museum.
So ein Quatsch. Kommenden Freitag halte ich wieder einen Vortrag dort.

Das Museum liegt hinter dem Tahrir-Platz, auf dem die Demonstrationen stattfanden. Die Armee soll in Ihrer Amtszeit Demonstranten im Keller des Museums gefoltert haben.
Ich habe die Armee zur Hilfe gerufen, um das Museum nach dieser Nacht zu schützen. Da wurde niemand gefoltert. Neunzig Prozent aller Geschichten über die Revolution sind erfunden. Ägypter lieben Gerüchte und Klatsch. Und verbreiten sie über Facebook.

Stimmt die Geschichte von der Kopie, die Adolf Hitler angeblich von der Nofretete machen ließ?
Nein, das ist sicher nur ein Gerücht. Hitler erklärte sich erst einverstanden, Nofretete zurückzugeben. Aber als er sie sah, verliebte er sich und änderte seine Meinung.

Wird Nofretete jemals nach Ägypten zurückkehren?
Nein. Ich fragte den damaligen Berliner Museumsleiter Dietrich Wildung, ob wir die Büste zur Eröffnung des Großen Museums in Gizeh für drei Monate ausleihen dürften. Er lehnte ab: Er wisse ja nicht, ob wir sie zurückgeben würden – als ob wir Ägypter die Piraten der Karibik wären! Ein arroganter Mann, Wildung hasst mich. Ich hätte ihm sogar eine Ausstellung als Pfand überlassen.

Ist die Geschichte von Ihrer Begegnung mit der Schlange wahr?
Die stimmt. Als ich jung war und in der Wüs-te nördlich von Luxor arbeitete, saß ich auf der Toilette und hörte eine Kobra. Ich blieb eine Stunde bewegungslos sitzen, bevor ich endlich wegrannte. Am nächsten Tag haben die Arbeiter die Kobra gefunden und getötet. Es war zu Beginn meiner Ausbildung, ich war nahe dran, sie zu schmeißen. Ich mochte die Leute alle nicht. Danach ließ ich mich überreden, ein Grab zu untersuchen, mein erstes Grab. Als ich eine Statue in der Hand hielt, wusste ich, dass ich meine Liebe gefunden hatte. Leidenschaft macht kleine Dinge groß.

Omar Sharif sagte, er sei der berühmteste Ägypter gewesen – bis Sie gekommen seien.
Ich bin furchtlos und ich kann die Vergangenheit riechen. Ich war sehr stolz auf Omars Freundschaft. Er hatte Alzheimer. In seinem letzten Lebensjahr war ich der Einzige, der mit ihm noch regelmäßig ausging. Ich nahm ihn zum Abendessen mit oder zu Veranstaltungen, das hat ihm gefallen. Ich vergesse nie, wie er zuletzt bei einem Dinner sagte: »Weißt du, ich habe einen guten Freund, den ich liebe. Er arbeitet im Dreck.« Ich fragte: »Meinst du vielleicht Zahi Hawass?« – Er: »Ja, genau den.« Daraufhin brachten sein Sohn Tarek und ich ihn ins Krankenhaus. Da ging es schnell zu Ende. Sein Foto steht hier auf meinem Schreibtisch, ein zweites auf meinem Nachttisch.

In einem Buch über Sie steht, Sie hätten mit Omar Sharif jeden Abend Backgammon gespielt. Mit wem spielen Sie jetzt, nachdem Ihr bester Freund gestorben ist?
Ich gehe abends ins Café und schaue ein wenig zu, das macht den Kopf frei, aber ich spiele schon lang nicht mehr selbst. Und mit Omar habe ich nie Backgammon gespielt. Schon wieder so ein Gerücht.

Fotos: David Degner