Was nervt Sie gerade am meisten?

Theatermann Matthias Lilienthal im Interview ohne Worte über seine letzte Spielzeit an den Münchner Kammerspielen, sein geheimes Hobby und die Frage, was schöner ist als das Theater.

Geboren: 21. Dezember 1959 in Berlin
Beruf: Dramaturg und Intendant 
Ausbildung: Studium Geschichte, Germanistik und Theaterwissenschaften (abgebrochen) 
Status: Freier Radikaler

Die ersten vier Jahre (von fünf) in München waren hart für Matthias Lilienthal. Die Theaterleute nahmen Anstoß an ihm, die einen an seinem Erscheinungsbild, die anderen an seinem Verständnis von Theater, manche an beidem. Dabei hat Lilienthal an die Kammerspiele das gebracht, wofür man ihn geholt und wofür man ihn an der Volksbühne und am Theater Hebbel am Ufer (HAU) gefeiert hatte in seiner ­Heimatstadt Berlin: eine lässige Mischung aus Stadttheater und freier Szene, ein internationales, diverses, junges Theater.­ Dann kam die Wende, 2019 wurden die Kammerspiele ­»Theater des Jahres«, und Dionysos Stadt, eine Vor­stellung in vier Akten, die einen Tag dauert, wurde »Stück des Jahres«. Und obwohl es fast immer so ist mit einem ­Intendanten – erst läuft es schleppend, dann gewöhnen sich die Leute, schließlich wird es richtig gut (die Platzauslastung lag ­Anfang 2020 bei 85 Prozent) –, hat der Münchner Stadtrat Lilienthals Vertrag auf halber Strecke nicht verlängert: im März 2018. Nun, da er seine letzte, seine beste Spielzeit hätte­ feiern können, kam Corona. Lilienthal nimmt es ­tapfer hin. Das Leben vor dem 15. März existiere nicht mehr, sagt er. Die Abschiedsparty verlegt er ins Olympia­stadion. Mehr Abstand geht nicht.