Widerrechtlich rauchende Altkanzler sind ein vergleichsweise junges Problem. Früher durfte der Staatenlenker alles und das bis zuletzt, denn meist verstarb er im Amte. Falls nicht, wurde er womöglich gestürzt und war froh, noch das Recht auf Leben zu behalten. Auch in dieser Hinsicht hat die Demokratie vieles verkompliziert. Statt Mausoleen produziert sie laufend ehemalige Staats- und Regierungschefs, die ihre Position mal mit mehr, mal mit weniger Grandezza und Feingefühl ausfüllen.
Zumindest an Letzterem hat es Helmut Schmidt fehlen lassen, wenn er in öffentlichen Räumen oder im Zug trotz Verbots als Einziger weiter raucht. Sich bei einem im ganzen Land so intensiv diskutierten Thema wie dem Rauchverbot auf Nichtwissen zu berufen, steht einem Mann, dessen Meinung gerade auch rauchend gefragt ist, allerdings nicht gut zu Gesicht. Zudem schützt Unwissenheit bekanntlich nicht vor Strafe. Dass Schmidt inzwischen gesagt hat, man müsse Gesetzen stets gehorchen, ehrt ihn hingegen, schließlich ging ein so großer Geist wie Sokrates sogar lieber in den Tod, als dass er die Gesetze brach. Ihre Frage aber, ob Schmidt angesichts seiner Verdienste dort rauchen dürfe, wo es anderen verboten ist, beantwortet sich geradezu paradox einfach: Egal, welches Recht wem auch immer zustehen könnte, gleich, wie groß die Verdienste auch sein mögen, ein rechtsstaatlicher Demokrat, der eine ihm angebotene Sonderstellung außerhalb der Gesetze nicht nur mit Noblesse zur Kenntnis, sondern tatsächlich in Anspruch nimmt, verstößt so evident gegen die Grundideen von Demokratie und Rechtsstaat, dass er etwaige erworbene Rechte allein dadurch wieder vollständig verwirkt hätte. Allerdings hat sich Helmut Schmidt durch diese Diskussion um Privilegien erneut um das Gemeinwesen verdient gemacht – wenn auch ungewollt.
Illustration: Jens Bonnke