"Wir kämpfen, aber nicht im Bikini"

Wir stellen Ihnen jede Woche junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal: Ben Speck und Karin Ananiassen, die den Alltag von Wrestlerinnen und Coca-Bauern in Südamerika aufzeigen.

Name: Ben Speck; Karin Ananiassen Geboren: 1981 in Darmstadt; 1981 in Florø, Norwegen Ausbildung: MA Photojournalism and Documentary Photography, London; BA Visual Communication, Maidstone Leben: seit Kurzem in Bergen/Norwegen, zuvor Buenos Aires Website: www.anecdotephotos.com

Frau Ananiassen, Herr Speck, Sie sind gerade von ihrem neunmonatigen Aufenthalt in Südamerika zurück nach Europa gekommen, weil Sie ein Baby erwarten. Sie sind nicht nur im Privatleben ein Paar, Sie fotografieren auch zusammen. Wie beeinflusst das Ihre Arbeit?
Wir arbeiten sehr gut zusammen, Streit gibt es da so gut wie nie. Wir suchen unsere Motive gemeinsam aus, schauen beide so lange durch die Kamera, bis es wir beide zufrieden sind. Das kann schon mal dauern. Das Knipsen übernimmt dann einer von uns, immer unterschiedlich. Es ist absolut von Vorteil für das Endergebnis, zu zweit zu arbeiten, auch hinterher bei der Auswahl am Computer.

Reden wir über eine Ihrer Serien, die Wrestlerinnen in Bolivien aufzeigt. Frauen und Kampfsport - in den meisten Ländern gilt das als Tabu.
Seitdem Frauen in den Ring steigen, zieht Lucha Libre, das einheimische freestyle wrestling, das ganze Land in seinen Bann. Früher waren es nur Männer, heute träumt fast jedes Mädchen davon, als „Cholita“ in den Ring zu steigen. „Cholitas“ sind Frauen stark indigener Herkunft, die teure traditionelle Kleidung mit schweren Röcken tragen, oft auch Goldzähne. Erfolgreiche Wrestlerinnen unterscheiden sich dadurch, dass sie sich die schönste und teuerste Kleidung leisten können. Wrestling ist Teil Ihrer Identität. Diese Frauen strahlen unglaublich viel Stärke und Stolz aus.

Meistgelesen diese Woche:

Die zweite Arbeit von Ihnen, die wir hier vorstellen, zeigt Menschen, die vom Coca-Anbau leben, einer Pflanze, die mit dem daraus chemisch gewonnenen Kokain nicht viel gemein hat.
Die Coca-Produktion wird absolut missverstanden, das wollten wir auch in unserer Serie der "Cocaleras" zeigen. Über Gefahren illegaler Drogen zu berichten ist für die Presse nun mal viel interessanter, als sich das Leben der Coca-Bauern und ihren selbstverständlichen Umgang mit der Pflanze genauer anzuschauen. Die Coca-Blätter werden von den Einheimischen meist gekaut, oder als Tee getrunken. Die Wirkung entspricht in etwa der einer Zigarette oder eines Kaffees, ohne gesundheitsschädlich zu sein. Die Preise sind staatlich geregelt, Anbau und Ernte erfordern wenig Aufwand. Dank der Coca Unions sind Gewalt und Rassismus unter den Einheimischen zurückgegangen, die Bauern geben ihr Wissen an andere weiter, entwickeln Selbstbewusstsein und Stolz für das was sie tun.

Was hat Sie auf Ihren Reisen am meisten beeindruckt?
Die Menschen, die wir in Bolivien, Ecuador und Peru getroffen haben, die nichts haben und trotzdem ein gutes Leben führen, zufrieden sind. Ihr Umgang mit der Natur, das Fehlen jeglichen Rachegefühls, das Selbstvertrauen der Kinder, inmitten einer paradiesisch schönen, aber einsamen Gegend, das hat uns sehr beeindruckt. Darum geht es beim Fotografieren: Im Grunde wollen wir Türen öffnen, Blicke auf Dinge werfen, die sonst niemand sieht. Jetzt freuen wir uns auf unser Kind, aber sofern es finanziell irgendwie möglich ist, werden wir wieder nach Südamerika reisen. Über diese Länder weiß man einfach zu wenig.