Jeder, der schon einmal in einen Sitzsack geplumpst ist, weiß: Spätestens nach fünf Minuten fängt man an, unruhig hin- und herzurutschen, und wenn man sich wieder erheben will, sieht das niemals stilvoll aus. Trotzdem wurde aus diesem Möbelstück ein Klassiker: Wer sich einen Sitzsack in die Wohnung stellt, beweist, dass er in Einrichtungsfragen nicht allzu verbissen vorgeht. Gerade akkurat durchkomponierten Räumen gibt dieses verknautschte Etwas, das immer an ein ungemachtes Bett erinnert, eine menschliche Note. Würde Anne Will ihre Gäste auf Sitzsäcken platzieren, könnte es eine richtig entspannte Runde werden. Gleichzeitig hat er etwas geradezu Anarchistisches: Das Original, der »Sacco« von Zanotta, stammt von 1968, aus der Zeit der Studentenproteste. Feste Regeln wurden genauso abgelehnt wie gerades Sitzen. »Rumlümmeln« war die Körperhaltung zur politischen Gesinnung, und das ging schlecht auf Stühlen mit festem Rahmen. Beim Sitzsack hingegen musste sich nicht der Körper dem Möbel anpassen, sondern das Möbel – wie revolutionär! – unterwarf sich der Körperform.
Nach einer kurzen Flaute in den Achtzigern ist die Nachfrage nach Sitzsäcken heute größer als vor 40 Jahren, was uns nicht wun-dert: Weil wir ja alle immer jünger werden und 60-Jährige sich aufführen wie Teenager, gibt es wohl kein Möbel, in dem sich Spieltrieb, Sitzkomfort und Rebellion so formschön vereinen wie im Sitzsack.